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Lohnschutz-Gezerre mit der EU Ein Badge, der allen helfen soll

Ein neuer Vorschlag des Baumeisterverbandes soll die in Brüssel unbeliebte Acht-Tage-Regel hinfällig machen. Wie das heutige Regime funktioniert und was sich mit dem neuen Vorschlag ändern würde.

Ein deutscher Gipser will einen Auftrag auf einer Schweizer Baustelle ausführen. Wird sein Arbeitseinsatz bewilligt, erhält er einen Badge und nimmt diesen auf die Baustelle mit. Auf dem Badge wären alle relevanten Daten gespeichert. Wer kontrollieren will, ob der Arbeiter legal arbeitet, müsste dann nur noch den Badge scannen. Dies ist die Idee des Baumeisterverbands. Die Hoffnung ist, die ungeliebte Acht-Tage-Frist zu verkürzen.

Bisher muss sich der deutsche Gipser nämlich acht Tage im Voraus anmelden. Er tut dies auf der Internetseite des Staatssekretariats für Migration. Wer sein Arbeitgeber ist, wieviel er verdient und wo genau sein Einsatz stattfindet, alle diese Informationen leitet das Staatssekretariat weiter an die kantonalen Arbeitsämter.

Arbeitsämter leiten Daten weiter

Die Arbeitsämter prüfen die Daten ein erstes Mal auf ihre Glaubwürdigkeit. Wenn alles zu stimmen scheint und sich die Firma nichts zu Schulden hat kommen lassen, dann erteilen die Arbeitsämter die Freigabe und leiten die Daten an die zuständigen Kontrollstellen weiter. Zum Schluss geht der Kontrolleur auf die Baustelle und kontrolliert, ob der Gipser, der die Arbeiten ausführt, der gleiche ist, wie jener der sich angemeldet hat. Zudem wird der Gipser detailliert zu Lohn und Arbeitszeiten befragt.

Durch den Vorschlag mit dem Badge wäre das mühsame Übertragen der Daten von Hand nicht mehr nötig. Der Ablauf der Kontrollen würde effizienter werden, hoffen die Baumeister.

Einschätzung von SRF-Wirtschaftsredaktor Lorenzo Bonati

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Der Baustellen-Badge wäre zweifelsohne eine Erleichterung für die Arbeitsmarktkontrolleure vor Ort. Heute ist es so, dass die Kontrolleure auf der Baustelle die Daten von Hand in ihr System eintragen müssen. Doch ein Badge alleine wird nicht genügen, um das Meldesystem für ausländische Entsandte zu verkürzen.

Die Kontrolleure sind lediglich das letzte Glied in diesem bürokratischen Prozess. Am Anfang steht ein Onlineformular des Staatssekretariats für Migration (SEM). Dieses muss beispielsweise der deutsche Gipser ausfüllen, wenn er in der Schweiz einen Auftrag ausführt. Und bei dieser Dateneingabe schleichen sich immer wieder Fehler und Ungenauigkeiten ein. Von den Kontrolleuren, die aufgrund dieser Daten ihre Rundgänge machen, hört man immer wieder, dass das Datenmaterial teils unvollständig oder fehlerhaft ist.

So kommt es vor, dass die Adresse der angegebenen Baustelle nicht stimmt oder dass nicht klar ist, welchem Gesamtarbeitsvertrag die Tätigkeit des Angestellten zuzuordnen ist. Zum Teil wird auch bewusst getrickst, zum Beispiel indem eine ausländische Firma bei der Voranmeldung die Schreibweise des Firmennamens leicht abändert – aus einem «i» wird ein «y». Das System erkennt dann nicht, dass die Firma bereits einmal sanktioniert worden ist.

All diese Probleme würde der Badge nicht lösen, doch genau diese Probleme sind es eben, die viele Doppelspurigkeiten und eine grossen Aufwand für die Kontrollstellen mit sich bringen. Wenn also die Achttagefrist verkürzt werden soll, dann müsste dort angesetzt werden, wo die Daten generiert werden – und das ist eben beim SEM und nicht auf der Baustelle.

Das SEM stellt sich auf den föderalistischen Standpunkt, dass grundsätzlich die Kantone für die Überprüfung der Daten zuständig sind und das SEM lediglich die Infrastruktur zur Verfügung stellt. Unterdessen steigt aber der politische Druck zum Handeln. So will der Tessiner CVP-Nationalrat Fabio Regazzi in der heute angelaufenen Herbstsession eine Motion einreichen. Diese soll den Bundesrat damit beauftragen, Lösungen zu finden, wie die Datenqualität verbessert werden kann.

Die Motion dürfte durchaus Chancen auf eine Mehrheit im Parlament haben. Bei den Baumeistern, und den Gewerkschaften aber auch bei politischen Expondenten von links bis rechts ist die Notwendigkeit einer weniger fehleranfälligen Datenerfassung auf Seiten des SEM weitgehend unbestritten.

Denn bisher sind die Softwarelösungen der involvierten Behördenstellen kaum kompatibel zueinander. Das kostet Zeit und generiert für die Kontrolleure viele Leerläufe und Doppelspurigkeiten.

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