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Lokführermangel bei der SBB Nicht nur die Passagiere bekommen den Personalmangel zu spüren

Am Samstag hat die SBB wegen Personalmangel auf einer Nebenlinie den Zugverkehr eingestellt. Ein Gewerkschafter übt Kritik.

Die SBB hat am Samstag zwischen Solothurn und dem Baselbiet den Zugverkehr eingestellt und stattdessen Busse fahren lassen. Betroffen war die «Läufelfingerli»-Linie Olten-Läufelfingen-Sissach.

Die SBB informierte die Kunden am Freitagabend per Bahnverkehrsinformation und nannte als Grund eine «kurzfristige Änderung im Personaleinsatz». Eine SBB-Sprecherin erklärte gegenüber «CH Media»-Zeitungen vom Montag, dass der Grund der aktuell angespannte Personalbestand bei den Lokführern sei.

Fern- und Regionalverkehr hat Vorrang

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Lokführer fehlten laut der SBB-Sprecherin nicht zuletzt wegen des erwarteten hohen Passagieraufkommens am Wochenende im Freizeitverkehr. Statt die lokale Verbindung zwischen dem Bahnknoten Olten und dem Baselbiet sicherzustellen, wurde Personal auf die Regio- und Fernverkehrslinien verschoben. Die SBB-Sprecherin bedauerte die Unannehmlichkeiten und bat die Passagiere um Entschuldigung.

Ein Zugsausfall wegen Lokführermangel werde kaum ein Einzelfall bleiben, befürchtet Pro-Bahn Präsidentin Karin Blättler. Aus Sicht der Bahnkunden wünschte man sich von der SBB verbindliche Angaben, bis wann sich die Personalsituation bei den Lokführern entspannt.

Der Personalmangel bei der SBB sei auch selbst verschuldet, kritisiert derweil Markus Fischer. Gegenüber SRF News sagt der Gewerkschaftssprecher des Verkehrspersonals SEV: «Die SBB hat derzeit viele Pensionierungen. Aus unserer Sicht hat sie es verschlafen, rechtzeitig genügend Leute auszubilden.»

Überstunden und Arbeit auf Abruf

Für das Personal bedeute die angespannte Situation Überstunden und Arbeit auf Abruf: «Das heisst: Freizeit, die man nicht mit der Familie verbringen kann und ständige Telefonate, ob man nicht kurzfristig an einem freien Tag einspringen kann.» Die Situation sei sehr unangenehm für die Lokführer, moniert Fischer.

Vorbeifahrender Zug.
Legende: Im SBB-Personen- und -Güterverkehr pro Tag rund 30 Lokführer. Doch auch Regionalbahnen bekunden Rekrutierungsprobleme. Keystone

Der Gewerkschaftssprecher fordert: Die SBB müsse rechtzeitig Lokführer ausbilden statt diese teuer einzukaufen. Zudem müsse der Beruf wieder attraktiver werden – auch in finanzieller Hinsicht. «Die SBB hat nun beschlossen, den Lohn für Lokführer-Aspiranten von 3200 auf 4000 Franken zu erhöhen. Das ist sicher eine wichtige Massnahme.»

Lange hat die SBB geschlafen. Jetzt beginnt man zu begreifen und macht hoffentlich einen Effort.
Autor: Markus Fischer Gewerkschaftssprecher des Verkehrspersonals SEV

Fischer sieht die Fehler aber nicht nur bei der SBB. Denn der Beruf hat allgemein an Attraktivität eingebüsst. So schrecke etwa die Schichtarbeit viele Leute ab. Schliesslich werfe die Automatisierung die Frage nach der Perspektive des Jobs auf: «Es wird aber auch in zehn Jahren noch Lokführer brauchen», ist Fischer überzeugt.

Regionalbahnen kennen das Problem

Dazu kommt: Der Mangel beim Lokpersonal ist ein schweizweites Phänomen, von dem auch Regionalbahnen betroffen sind. Die SBB richtet eine Sonderzulage von 80 Franken für Lokführer aus, die an ihren freien Tagen einspringen. Die BLS zahlt ihren Lokführern bis April 2020 eine Prämie von 100 Franken, wenn sie eine zusätzliche Schicht übernehmen.

Die Bahnen wollen zudem mit neuen Kampagnen auch ältere Quereinsteiger für den Lokführerberuf gewinnen. Gewerkschaftssprecher Fischer anerkennt gewisse Anstrengungen der SBB: «Lange hat sie geschlafen. Jetzt beginnt man zu begreifen und macht hoffentlich einen Effort.»

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