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Filippo Lombardi reicht jemandem die Hand.
Legende: Filippo Lombardi: Wird er der gewünschte Brückenbauer für die CVP? Keystone
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Schweiz «Lombardi kann die CVP nicht alleine zum Erfolg führen»

Filippo Lombardi ist der neue CVP-Fraktionschef. Das Amt ist unbeliebt und kein Karrieresprungbrett. Der Politikwissenschaftler Adrian Vatter erklärt die Gründe.

Eigentlich war der Solothurner Ständerat Pirmin Bischof als Kronfavorit für das CVP-Fraktionspräsidium gehandelt worden. Er erklärte jedoch öffentlich, er sei nicht interessiert. Auch Nationalrat Gerhard Pfister (ZG) und Ständerat Konrad Graber (LU) winkten ab. Somit blieb einzig Ständerat Filippo Lombardi übrig – ausgerechnet der umstrittene Ständerat aus dem Tessin.

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Lombardi ist umstritten, aber gewählt
aus HeuteMorgen vom 18.01.2014.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 4 Sekunden.

Fraktionspräsidium kein Karrieresprungbrett

Das Fraktionspräsidium der einst stolzen Partei CVP scheint 2014 kein erstrebenswertes Amt mehr zu sein. Die hohe zeitliche Belastung und Grabenkämpfe innerhalb der Partei schrecken ab. «Als Fraktionschef hat man primär die Aufgabe, die Partei zusammenzuhalten und die Parlamentarier auf Parteilinie zu trimmen. Das ist gerade in einer heterogenen Partei wie der CVP relativ schwierig», sagt Politikwissenschaftler Adrian Vatter von der Universität Bern zu SRF News Online.

Zudem gilt das Amt des Fraktionschef keineswegs als Karrieresprungbrett. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass in den vergangenen 50 Jahren nur zwei CVP-Fraktionspräsidenten später Bundesrat wurden (siehe Tabelle ganz unten). Das Scheinwerferlicht gehört traditionsgemäss dem Parteipräsidenten, der Fraktionschef erledigt die Knochenarbeit.

«Er hat grosse politische Erfahrung»

Flilippo Lombardi kommt nun die undankbare Aufgabe zu, den Sinkflug der Traditionsmarke CVP zu stoppen. Am besten sofort. Noch vor den wegweisenden Wahlen 2015. Doch Vatter warnt vor allzu grossen Erwartungen: «Lombardi kann die Partei nicht alleine wieder auf die Erfolgspfade führen. Aber er kann durchaus ein wichtiges Puzzlestück dazu liefern.»

Das Problem: Lombardi kämpft innerparteilich noch immer um Akzeptanz. Der Tessiner war in der Vergangenheit verschiedentlich wegen Alkohols am Steuer in die Schlagzeilen geraten und musste sich sogar vor dem Richter verantworten. Das nehmen ihm einige Parteimitglieder übel. «Die alten Geschichten kratzen natürlich an seiner Glaubwürdigkeit. Der Anfang wird für Lombardi nicht einfach sein, aber ich traue ihm das Amt als Fraktionspräsident auf jeden Fall zu. Er hat grosses politisches Wissen in ganz verschiedenen Funktionen gesammelt», so Vatter.

Heftiges Gerangel in der Mitte

Lombardis Erfahrungsschatz könnte für die CVP in den kommenden Jahren noch überlebenswichtig werden. Seit Jahren buhlt die Partei mit erstarkten Konkurrenten in der politischen Mitte um jede einzelne Wählerstimme. Und schlimmer noch: BDP und GLP nehmen der Traditionspartei seit Jahren Wähleranteile weg. Bei den letzten nationalen Wahlen 2011 erreichte die CVP gerade noch 12,3 Prozent aller Stimmen – der absolute Tiefststand.

Legende:
CVP-Wähleranteile bei den nationalen Wahlen 1991-2011 bfs

«BDP und die Grünliberalen haben noch immer den Neuheitsbonus und sind vom Image her vielleicht attraktiver als die CVP.» Denn mit dem C im Namen kann die CVP laut Vatter heutzutage keine Stimmen mehr holen: «Das C kann mit der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung nicht schritthalten. Andere Werte und Identitäten haben an Bedeutung gewonnen. Das C kann nicht die Zukunft der Partei sein.»

Zukunft als starker Partner in der Union?

Der Politikwissenschaftler sieht die Zukunft der CVP in einer Zusammenarbeit mit den anderen Wettbewerbern in der politischen Mitte. «Ich rate der Partei, mit Partnern wie der BDP enger zusammenzuarbeiten. Das muss nicht unbedingt eine Fusion sein, es gibt auch andere Modelle wie beispielsweise ein Unionsmodell.»

Kommt es für die CVP bei den Wahlen 2015 tatsächlich zum Waterloo? Die letzten Ergebnisse der kantonalen Wahlen lassen auf alle Fälle nichts Gutes erahnen. Vatter: «Die Grenze liegt bei etwa zehn Prozent Wähleranteil. Fällt der Anteil tiefer, stellt sich die Frage, ob die CVP rein von ihrer Stärke noch einen Bundesratssitz zusteht.» Neo-Fraktionschef Lombardi erwarten turbulente Jahre bis zum Showdown 2015.

Die Fraktionschefs der CVP (seit 50 Jahren)

FraktionschefBundesrat
Kurt Furgler1963-19711971-1986
Enrico Franzoni1971-1972
Alois Hürlimann1972-1976
Laurent Butty1976-1980
Arnold Koller1980-19841986-1999
Paul Zbinden1984-1989
Vital Darbellay1989-1991
Peter Hess1991-1998
Jean-Philippe Maître1998-2002
Jean-Michel Cina2002-2005
Urs Schwaller 2005-2014
Filippo Lombardiab 2014

Prof. Dr. Adrian Vatter

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Prof. Dr. Adrian Vatter

Geboren 1965. Seit August 2009 Direktor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern und Inhaber der Professur für Schweizer Politik. Aktuelle Publikation: Das politische System der Schweiz (2013).

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