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Medizinisches Zentrum Gemeinschaftspraxis als Rezept gegen Hausärztemangel

Im luzernischen Hochdorf gibt es ein neues Medizinisches Zentrum. Damit soll die medizinische Versorgung gewährt werden.

Es ist ein neuer, aber relativ unscheinbarer Betonblock in Hochdorf. Was drin steckt, ist für das Dorf im luzernischen Seetal in dieser Form allerdings eine Neuheit. Auf drei Stockwerken, auf einer Fläche von rund 1200 Quadratmetern, wird eine umfassende medizinische Behandlung angeboten.

Die klassische Hausarztpraxis ist hier zu finden. Es gibt eine Notfallpraxis, Kinderärztinnen und Jugendärzte haben sich im Haus eingerichtet, die Orthopädie, die Geburtshilfe oder die Rheumatologie haben ihren Platz und auch Demenzabklärungen sind möglich. 45 Leute arbeiten hier – vom Arzt bis zur Praxisassistentin – alle unter einem Dach.

Mittel gegen Hausärztemangel?

Initiant dieses Medizinischen Zentrums ist der Hitzkircher Arzt Cornel Raess. Es ist nicht seine erste Gemeinschaftspraxis, die er eröffnet. Bereits in Hitzkirch und Eschenbach hat er ähnliche Projekte realisiert.

Mit der neuen Gemeinschaftspraxis will er die medizinische Versorgung in Hochdorf und der Region mittel- und längerfristig sichern. «Drei Hausärzte in Hochdorf sind über sechzig Jahre alt. Es braucht also in den nächsten fünf Jahren dringend Ersatz», sagt Raess. In vielen Praxen habe es einen Patientenstopp gegeben. Das Zentrum schliesse somit eine Lücke.

Bedürfnisse haben sich geändert

Das Bild des Hausarztes, der Tag und Nacht für seine Patientinnen und Patienten da ist, habe sich geändert, sagt Christian Studer, Co-Leiter des Institutes für Hausarztmedizin in Luzern.

«Heute wollen die jungen Ärztinnen und Ärzte in Gruppenpraxen arbeiten, gerne in einem Teilzeitpensum.» Die neue Workforce-Studie, welche der Verband «Haus- und Kinderärzte Schweiz» in Auftrag gegeben hat, zeige auf: Männer arbeiten in einem 90-Prozent-Pensum, Frauen in einem 70-Prozent-Pensum. Tendenz sinkend.

Ärztinnen und Ärzte, welche im Teilzeitpensum arbeiten, sind zufriedener
Autor: Christian Studer Co-Leiter Institut für Hausarztmedizin

Deshalb sei eine Gemeinschaftspraxis eine gute Form, um gegen Hausärztemangel vorzugehen. In der Schweiz gibt es bereits einige solche Modelle wie in Hochdorf. Gerade wenn Hausärzte und Fachärztinnen zusammenarbeiten, sei das eine gute Sache. «Man sagt: Der Spezialist für alle Fälle ist der Hausarzt. Er kann in der Regel 95 Prozent der Fälle lösen. Wenn er aber mit einer guten Zusammenarbeit mit den Spezialisten die restlichen fünf Prozent vor Ort lösen kann, dann umso besser», sagt Christian Studer.

Neben Vorteilen biete eine grosses Medizinisches Zentrum aber auch Risiken. «Man muss die Abläufe innerhalb der Praxis gut koordinieren und miteinander reden, damit man gemeinsam eine sinnvolle Medizin anstreben kann.»

Kreative Lösungen sind gefragt

Das Institut für Hausmedizin in Luzern hat sich die Förderung der Hausarztmedizin zum Ziel gesetzt und ist in der Aus- und Weiterbildung tätig. Es gäbe verschiedene Ansätze, um gegen den Hausärztemangel vorzugehen, sagt Studer. Zum Beispiel, indem man den Fokus nicht nur auf die Ärztin, sondern auf alle Mitarbeiterinnen in einer Praxis legt. «Es gibt medizinische Praxisassistentinnen, welche sich intern zur Praxiskoordinatorin weiterbilden können. Das ist eine vom Bund anerkannte Weiterbildung.» Die Praxiskoordinatorin kann bei der Versorgung von Diabetes-Patienten helfen.

Institut für Hausarztmedizin in Luzern

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Primäres Ziel des Instituts ist die Förderung der Hausarztmedizin. Damit soll der hausärztliche Nachwuchs im Kanton Luzern und der Region gesichert werden. Das Institut engagiert sich auf verschiedenen Ebenen, angefangen bei der lehrärztlichen Betreuung von Medizinstudenten über die Förderung von Assistenzärzten, welche sich für die Hausarztmedizin interessieren, bis hin zur Forschung.

Das Institut beteiligt sich in enger Zusammenarbeit unter anderem mit der Uni Luzern aktiv an der Studentenausbildung. Möglichst viele Luzerner Medizinstudentinnen und -studenten sollen ihre Praktika in der Region absolvieren können.

Ein weiteres Beispiel: In Altdorf im Kanton Uri hat eine ausgebildete Pflegefachfrau ein Hochschuldiplom nachgeholt. Mit dieser Ausbildung kann sie nun als «Advanced Nurse Practitioner» Hausbesuche machen. «Für ländliche Gegenden eine ideale Lösung», sagt Studer.

Regionaljournal Zentralschweiz, 13.10.2020, 17:30 Uhr

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