Ende des 19. Jahrhunderts wurde es in Schweizer Städten eng – Fabriken zogen Menschen an, doch günstiger Wohnraum fehlte. So initiierten Industrielle erste Bauprojekte.
In den industriellen Zentren der Schweiz entstanden ab 1850 Arbeitersiedlungen, welche Industrielle bauen liessen, um der Wohnungsnot entgegenzutreten. Diese Bauten entstanden ohne direkte Gewinnabsichten – durchaus aber mit indirekten, da die Arbeiterfamilien auf diese Weise in geordneten Verhältnissen in Fabriknähe untergebracht waren.
Treibende Kraft dahinter waren die Textil- und Metall-Industriellen, wie zum Beispiel Rieter in Winterthur.
Die Rietersiedlung in Winterthur
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1870 entsteht in Winterthur mit der Rietersiedlung eine der ersten Werksiedlungen der Schweiz. Der Industrielle Heinrich Rieter will kein «Casernen-System», in welchem viele Menschen unter einem Dach leben. Das gebe Streitigkeiten, schreibt er an den Stadtrat.
Vielmehr plant Rieter eine Reihe von kleinen Häusern mit Pflanz-Möglichkeit, weil die Bewohnerinnen und Bewohner so ein Interesse hätten, es innen und aussen reinlich zu halten.
Er baut erst zwei Doppelwohnhäuser, später setzt er die Idee der Wohnhaus-Reihe entlang der Rieterstrasse um – zu jeweils 55 Quadratmeter und 180 Franken Miete pro Jahr. Ein Verlustgeschäft für den Industriellen mit rund 800 Angestellten um die Jahrhundertwende, denn die Miete reicht nicht für den Unterhalt der Häuser. Doch Rieter sichert sich so Nachwuchs.
Obwohl für die einfachen Arbeiterfamilien gebaut, wohnen in den 1890er-Jahren vor allem die besser gestellten Angestellten wie die Werk-Führer, Handwerker oder Aufseher in den fabrikeigenen Häusern.
Diese Gebäude sind heute noch erhalten, als älteste vollständig intakte Arbeitersiedlung der Schweiz stehen sie unter Denkmalschutz.
Nach fabrikeigenen Bauten schliessen sich verschiedene Industrielle zusammen zur «Gesellschaft für Erstellung billiger Wohnhäuser»: Rieter, Sulzer, die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM und die Hilfsgesellschaft bauen zusammen ab 1872 neuen günstigen Wohnraum in der Industriestadt.
In jenen Jahren wächst Winterthur um über 10.000 Menschen auf 26.000 Einwohnerinnen und Einwohner.
Etwas später entstanden auch die ersten Wohnbaugenossenschaften. Um die Jahrhundertwende orientierte sich die Architektur solcher Arbeitersiedlungen am englischen Modell der Reihenhäuser mit Garten und nicht selten gemeinsamem Raum im Innern – Spielmöglichkeiten, Kindergarten und Waschhaus.
Auch kam das Modell der Gartenstadt mit mehr Grün und dorfähnlichem Charakter hinzu, welche zumindest teilweise in verschiedenen Schweizer Städten noch existieren. Hier engagierten sich soziale Vereine wie etwa die Hilfsgesellschaft und erste Wohnbaugenossenschaften.
Für den sozialen Frieden
Für die liberale Oberschicht jener Zeit waren Arbeitersiedlungen eine Möglichkeit, die Familien der Arbeiterinnen und Arbeiter zur Selbsthilfe und zum hygienischen Leben zu erziehen. Gleichzeitig waren sie mit dem Wohnraum quasi an die Arbeitgeberin gebunden.
Motivation war ausserdem der soziale Frieden: Wer neben der Arbeit ein Dach über dem Kopf hat, wird sich weniger aufwiegeln und zu Protestaktionen und Streiks der Arbeiterbewegungen hinreissen lassen, welche in jenen Jahrzehnten stärker wurde.
Der bezahlbare Wohnraum aus bürgerlicher Sicht war somit eine Antwort auf alle gesellschaftlichen Probleme der Zeit und so gesehen eine gute Investition.
Die Mietwohnungs-Initiative
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Die Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» des Mieterinnen- und Mieterverbands will den Bund verpflichten, zusammen mit den Kantonen das Angebot an preisgünstigen Mietwohnungen zu fördern.
Mindestens 10 Prozent der neu gebauten Wohnungen müssten im Eigentum von Trägern des gemeinnützigen Wohnungsbaus sein. Das soll unter anderem mit Vorkaufsrechten für Kantone und Gemeinden erreicht werden. Zudem dürfen Fördermassnahmen für Sanierungen nicht zum Verlust von preisgünstigen Mietwohnungen führen.
Bundesrat und Parlament lehnen das Volksbegehren ab. SP und Grüne unterstützen die Initiative. Ein überparteiliches Nein-Komitee von Vertretern der Mitte-rechts-Parteien CVP, BDP, GLP, FDP und SVP kämpft dagegen.
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