Das weiterentwickelte Schengen-Informations-System SIS soll es einfacher machen, nach Terror-Verdächtigen zu fahnden. Ausserdem sollen schutzbedürftige Personen präventiv ausgeschrieben werden – etwa mögliche Opfer von Menschenhandel, Zwangsheirat oder auch Kinder, die von einem Elternteil entführt werden könnten. Im Migrationsbereich sollen die Behörden künftig mehr voneinander wissen – etwa zu Einreiseverboten oder zu Rückkehrentscheiden für Menschen, die den Schengenraum verlassen müssen.
Keller-Sutter: SIS ist im Interesse der Schweiz
Justizministerin Karin Keller-Sutter hatte in den vergangenen Parlamentsdebatten nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass das Schengen-Informations-System im Interesse der Schweiz sei – auch mit den Verbesserungen. Dass das wichtig sei, habe nicht zuletzt der Terror-Anschlag in Wien bestätigt: «Dort hat sich gezeigt, dass der Attentäter von Wien über ein dichtes Netzwerk in Deutschland verfügt, aber auch Kontakte in die Schweiz aufweist. Das Netzwerk wird zur Zeit von den österreichischen Behörden untersucht.»
Im Herbst noch war die Mehrheit des Nationalrats gegen die Vorlage. Ein erneutes Nein hätte die Schweiz vom Schengen-Informations-System abgeschnitten. Doch nun haben die Mehrheiten in der grossen Kammer gedreht – mit 148 Ja zu 32 Nein, bei vier Enthaltungen – stellt sie sich hinter die Vorlage. Die Schweiz kann also auch weiterhin auf die verschiedenen Datenbanken zugreifen.
Jetzt lenkte die SVP ein
Im Herbst hat sich die SVP dagegen gesperrt, EU-Recht zu übernehmen. Doch heut lenkte sie ein – wie Jean-Luc Addor von der SVP sinngemäss sagte. Auch die SP, welche sich enthalten hatte bei der ersten Debatte, ist nun dabei.
Die Auslegungen des EU-Rechts darf nicht nur rein repressiv und rein auf polizeiliche Sicherheit definiert sein
Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf mahnte aber: «Die Auslegungen des EU-Rechts darf nicht nur rein repressiv und rein auf polizeiliche Sicherheit definiert sein. Alle Elemente im EU-Recht, die den Grundrechtsschutz und namentlich die Menschenrechte und das Asylrecht stärken müssen auch ausgesetzt werden. Es geht nicht nur darum, irreguläre Migration zu verhindern, sondern auch darum, reguläre Migration zu ermöglichen.»
Geblieben sind einzig die Vorbehalte der Grünen. Sie haben Fragezeichen zum Datenschutz und der Festung Europa. Die Zürcher Nationalrätin Marionna Schlatter begründete es so: «Wir kritisieren die repressive Politik, die Europa insbesondere auch an den Aussengrenzen betreibt. Wir wollen nicht mit Abschottung, Kriminalisierung und Ausgrenzung auf Menschen reagieren, welche von Krieg, Umweltzerstörung und Armut zur Flucht gezwungen worden.»
Ständerat machte Vorlage mehrheitsfähig
Die Mehrheiten heute im Nationalrat zum Drehen gebracht hatten die Entscheide des Ständerats von letzter Woche. Unter anderem hatte die kleine Kammer den Datenschutz gestärkt: So soll der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte seine Aufsicht über die Datenbanken und IT-Systeme von Schengen-Dublin ausdehnen können – zusammen mit den zuständigen kantonalen und europäischen Datenschutzbehörden.
Das Geschäft ist nun für die Schluss-Abstimmung bereit. Das verbesserte Schengen-Informationssystem soll in gut einem Jahr starten