Die erste Liebe, der eigene Körper, der erste Sex: Diese Themen beschäftigen vermutlich alle jungen Menschen, auch solche mit einer geistigen Beeinträchtigung. Sexualaufklärung und wichtige Themen rund um Sexualität sind Menschen mit einer Behinderung allerdings nicht leicht zu vermitteln.
Weil es dafür im ganzen deutschsprachigen Raum bisher kein gutes Angebot gab, nahm sich die Aargauer Behindertenstiftung Schürmatt dem Thema an. Nach mehr als drei Jahren Arbeit ist so die App «Klar und Einfach» entstanden.
Zentrale Elemente der App sind viele Bilder und Illustrationen sowie eine leichte Sprache. Alle Informationen kann man sich zudem auch vorlesen lassen. Die Bilder und die leichte Sprache sollen es Menschen mit einer geistigen Behinderung oder Menschen, die Mühe mit Lesen haben, ermöglichen, sich selber Informationen zu Sexualität, Körper und Gefühlen zu beschaffen.
Diese Selbstermächtigung ist gerade im Bereich der Sexualität auch für Menschen mit einer Behinderung sehr wichtig, wie auch die UN-Behindertenrechtskonvention festhält.
Federführend bei der Umsetzung der App war die Aargauer Behindertenstiftung Schürmatt. «Wir haben im Austausch mit den BewohnerInnen immer wieder gemerkt, dass bei der Sexualität ein Bedürfnis nach eigener Information besteht, ohne Hilfe von Betreuungs- oder Lehrpersonen», sagt Gisela Roth von der Stiftung Schürmatt.
Die Sexualität von Menschen mit einer Behinderung sei lange Zeit ein Tabuthema gewesen, sagt Sibylle Ming von der Aargauer Fachstelle für sexuelle Gesundheit, die an der Umsetzung der App ebenfalls beteiligt war: «Früher hat man ganz vielen Behinderten das Recht auf Sexualität abgesprochen, das waren wie die ewigen Kinder».
Hier habe sich die gesellschaftliche Haltung sicher verändert, weswegen es heute ein guter Zeitpunkt für eine solche App ist – die Erste im deutschsprachigen Raum.
Für die Vermittlung von Themen zu verschiedenen Körpern, sexuellen Orientierungen, Sexpraktiken oder Pornografie setzt die App auch auf ziemlich explizite Bilder.
Das sei auch so gewollt, da man die Themen direkt ansprechen wolle, sagen die Macherinnen. Dies hat nun allerdings auch dazu geführt, dass die App im Google-Store für Android-Handys gesperrt wurde.
Seit Ende September 2020 ist die «Klar und Einfach» App gratis verfügbar im ganzen deutschsprachigen Raum. Bisher habe man gute Rückmeldungen erhalten und die Macherinnen sind überzeugt, dass sie mit der App einen Nerv getroffen haben.