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Neue Fraktionschefin der CVP «Ich persönlich möchte das ‹C› behalten»

Die CVP-Fraktion im Bundeshaus hat eine neue Präsidentin. Sie heisst Andrea Gmür. Die 55-jährige Ständerätin aus Luzern tritt die Nachfolge von Filippo Lombardi an, der im Herbst abgewählt wurde. Wohin will Gmür die Mitte-Fraktion – zu der neben der CVP auch die BDP und die EVP gehören – führen? Für die frisch gebackene Fraktionschefin ist klar: Die Mitte-Fraktion ist keine blosse Mehrheitsbeschafferin für links oder rechts – sie will die Richtung bestimmen.

Andrea Gmür

Fraktionspräsidentin der Mitte

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Die ausgebildete Gymnasiallehrerin begann ihre politische Laufbahn 2007 mit der erfolgreichen Wahl in den Luzerner Kantonsrat. 2014 übernahm sie das Präsidium der CVP Stadt Luzern. 2015 folgte die Wahl in den Nationalrat. Seit 2019 vertritt Gmür den Kanton Luzern im Ständerat, wo sie Mitglied der aussenpolitischen Kommission, der sicherheitspolitischen Kommission und der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur ist.

SRF News: Es war eine Kampfwahl zwischen Ihnen und dem Nationalrat Leo Müller. Was gab den Ausschlag für Sie?

Andrea Gmür: Grundsätzlich ist es immer schwierig. Mit Blick auf die letzten Wahlen hatte ich vielleicht einen Vorteil. Viele Frauen und auch Junge wurden gewählt, auch die Stadt-Land-Frage wurde thematisiert. Ich bin eine Frau und doch etwas jünger als mein Konkurrent und komme aus einer urbanen Gegend, eben der Stadt Luzern.

Ihr Konkurrent Müller ist konservativer, bäuerlicher Herkunft und hat die Bauern auch immer vertreten. Geht die Partei nun ein Stück weit in eine andere Richtung?

Ich glaube nicht. Leo Müller und ich vertreten absolut die gleichen Werte, vielleicht bin ich etwas gesellschaftsliberaler. Wir sind nicht gerade deckungsgleich, vertreten aber beide die Werte der Mitte-Fraktion – von CVP, EVP und BDP. Ich glaube nicht, dass es nun zu einem Richtungswechsel kommt.

Ein wichtiger Posten

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Ein Fraktionspräsident hat relativ viel Gewicht im Parlament. Er tritt gegen aussen für die Partei auf und steht für die parlamentarische Arbeit der Partei ein. Auch muss er oder sie sich eng mit dem Parteipräsidenten oder der -präsidentin absprechen. Entsprechend gut müssen sich Partei- und Fraktionschef verstehen, damit sie gegen aussen geeint auftreten.

Sie sind neu gewählte Ständerätin. Auch Ihre beiden Vorgänger als CVP-Fraktionspräsidenten – Urs Schwaller und Filippo Lombardi – waren im Ständerat. Ihre Fraktion ist mit der BDP, die zu EVP und CVP stösst, gewachsen. Die beiden Partner sind nur im Nationalrat vertreten. Ist es kein Nachteil, eine solche Fraktion aus dem Ständerat heraus zu führen?

Als CVP haben wir mit meinen beiden Vorgängern aus dem Ständerat gute Erfahrungen gemacht. Sehr wichtig ist, dass wir auch immer gute Vize-Fraktionschefs hatten.

Wir sind jetzt in der komfortablen Position, dass wir unsere Lösungen und Themen anbringen können. Die Linke oder auch die Rechte kann sich uns anschliessen.

Einerseits mit unserer jetzigen Bundesrätin Viola Amherd oder mit Leo Müller, der ad interim als Fraktionschef gewirkt hat (beide sassen oder sitzen im Nationalrat, Anm. d. Red.). Beide haben hervorragende Arbeit geleistet. Diesbezüglich sehe ich sehr zuversichtlich der Zukunft entgegen.

Gibt es eine Art Abmachung: Sie repräsentieren die Fraktion nach aussen, repräsentieren und führen, auch im Ständerat – und Leo Müller ist der Strippenzieher im Nationalrat?

Ich kann keine Aussage dazu machen, wie sich das weiterentwickelt. Das weiss ich nicht.

Teilweise haben die Jungen Mühe mit dem ‹C›. Wir als CVP müssen unsere Politik erklären. Und auch das ‹C› kann man sehr gut erklären.

Die Mitte-Fraktion wird eine wichtige Rolle im Parlament spielen. Sie ist Mehrheitsbeschafferin nach links und nach rechts. Wie werden Sie mit dem Druck umgehen, der von Lobby-Organisationen und anderen Parteien auf die Fraktion einwirken wird?

Ich möchte Sie hier korrigieren: Wir sind nicht einfach Mehrheitsbeschafferin. Das Ziel ist ganz klar, dass wir die Richtung bestimmen. Wir sind jetzt in der komfortablen Position, dass wir unsere Lösungen und Themen anbringen können. Die Linke oder auch die Rechte kann sich uns anschliessen. Wir schauen, was geht.

Die CVP war nicht immer dafür bekannt, dass sie in sich besonders geschlossen ist. Das wäre aber wichtig, wenn man der einen oder anderen Seite zu Mehrheiten verhelfen will. Wie wollen Sie diese Geschlossenheit herstellen?

Es ist immer wichtig, frühzeitig eine Position zu definieren. Dafür braucht es einen intensiven und nachhaltigen Austausch, in dem ein gemeinsamer Weg definiert wird. An diesen müssen sich die Leute dann halten. Nur so kann man die eigenen Lösungen durchsetzen.

In Ihrer Partei wird die Namensfrage – die «C-Frage» – geführt. Sie selber haben gesagt, Sie würden es schade finden, wenn man das C «opfern» würde. Dennoch: Die Fraktion heisst ja bereits «Mitte-Fraktion» – eine Art Trainingslager für die neu aufgestellte Partei?

Ich persönlich möchte das «C» behalten und würde es sehr bedauern, wenn es wegfällt. Ich finde aber wichtig, dass man eine intensive Diskussion über die Frage führt – auch an der Basis. Diese Diskussion wird dann ausgewertet. Wichtig ist es, einen klaren Entscheid zu fällen. Teilweise haben die Jungen Mühe mit dem «C». Wir als CVP müssen unsere Politik erklären. Und auch das «C» kann man sehr gut erklären.

Die CVP vertritt eine soziale Marktwirtschaft und setzt sich für etwas ein, das nicht einem selber zugutekommt, sondern denjenigen, die Hilfe benötigen und allenfalls in Not sind.

Es bedeutet nicht, dass wir katholisch sind – bei uns gibt es ja auch Protestanten und Konfessionslose. Bei uns sind alle willkommen, die die gleichen christlichen Werte vertreten wie wir: Solidarität, Offenheit, Toleranz, Respekt und so weiter.

Wie wird man die CVP in vier Jahren wahrnehmen: Als Fraktion, die das Parlament linker oder bürgerlicher gemacht hat?

Die CVP vertritt eine soziale Marktwirtschaft und setzt sich für etwas ein, das nicht einem selber zugutekommt, sondern denjenigen, die Hilfe benötigen und allenfalls in Not sind. Es geht darum, langfristige, gute und nachhaltige Lösungen für unser Land und die Bürgerinnen und Bürger zu finden.

Das Gespräch führte Curdin Vincenz.

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