- Der Kanton Neuenburg hat die Vorgaben der Schuldenbremse überschritten und ein Sparprogramm von 100 Millionen Franken aufgegleist.
- Gespart wird auch bei der Bildung: Ab dem Sommer entfällt von der 5. bis zur 8. Klasse wöchentlich eine Stunde.
- Die Neuenburger Bildungsdirektorin verspricht, dass die Bildungsziele trotzdem eingehalten werden.
- Der Walliser SP-Nationalrat Mathias Reynard kritisiert die Massnahme scharf.
Mit dem Streichen einer ganzen Schulwoche war bisher Luzern der Kanton, der bei der Bildung am härtesten sparte. Doch jetzt präsentiert der Kanton Neuenburg ein Sparpaket, das vergleichbar ist: Eine Lektion jede Woche soll in den fünften bis achten Klassen gestrichen werden.
Die Neuenburger Bildungsdirektorin Monika Maire-Hefti sagt: «Ich bin besorgt. Aber gleichzeitig kann ich hinstehen und sagen: Wir haben das kleinere Übel gewählt.»
Denn angesichts der angespannten finanziellen Lage des Kantons sei es unumgänglich, auch in der Bildung Einsparungen vorzunehmen, sagt die Bildungsdirektorin.
Keine Einsparung bei «harten» Fächern
Als «kleineres Übel» bezeichnet Maire-Hefti die Massnahme, weil kein Schulfach aus dem klassischen Kanon wie Sprache oder Rechnen wegfällt. Stattdessen werde eine Stunde namens «Formation générale» gestrichen: «Dort geht es um diverse Themen, etwa darum, wie man sich auf einem Informatikportal verhält.» Maire-Hefti verspricht, dass die Kinder dabei nicht zu kurz kommen, die Bildungsziele seien nicht gefährdet.
«Das ist eine absurde Politik»
Durch die Streichung will der Kanton dieses Jahr 1,5 und ab nächstem Jahr 4,6 Millionen Franken bei den Löhnen sparen.
Der Walliser SP-Nationalrat Mathias Reynard kritisiert die Massnahme: «Es ist schockierend, wenn der Staat nicht mehr für Schulstunden zahlen kann. Das ist eine absurde Politik.»
Reynard hat in einer Studie zu den Sparmassnahmen in der Bildung erarbeitet. Das Ausmass sei eindrücklich: Seit 2013 hätten die Kantone mehr als eine Milliarde Franken bei der Bildung gespart. Meist in kleinen Schritten, aber zunehmend auch durch einschneidende Massnahmen.
Klasse aufstocken statt Stunden einsparen?
Bildungsforscher Stefan Wolter: «Die Gleichung ‹Sparen heisst weniger Bildung› ist nicht überall in gleichem Mass gegeben. Es gibt auch Möglichkeiten, Sparmassnahmen einzuleiten, die nicht mit einem Bildungsabbau einhergehen müssen. Ich habe ein Beispiel dafür, auch wenn es nicht gerne gehört wird: Wenn man eine Durchschnittsklasse um einen Schüler aufstocken würde, hätte man im Minimum den gleichen Spareffekt wie in Neuenburg – und es würde den Kompetenzerwerb einer Klasse überhaupt nicht verändern.» |