Kompliziert sei die Umstellung nicht, sagt SBB-Zugbegleiter Andreas Menet: «Es ändert sich genau eine Position. Neu gibt man erst den Abfahrtsbefehlsprozess erst dann, wenn alle eingestiegen und die Türen sicher verriegelt sind.»
Bisher verschickte der SBB-Angestellte ein SMS nicht vom Zuginnern, sondern vom Perron aus und stieg erst dann ein. Das neue Prozedere gilt ab sofort für die alten Wagen aus den 80er Jahren. Modernere Züge, beispielsweise der klassische Doppelstöcker, haben zusätzliche Sicherungen wie etwa Lichtschranken an den Türen. Deshalb gilt hier weiterhin das bisherige Vorgehen.
Grosse Wirkung auf das Personal
Menet ist seit 38 Jahren Zugbegleiter bei der SBB. Die Umstellung sei keine Sache, weder für ihn noch für die Berufskolleginnen und -kollegen mit weniger Erfahrung. Aber die Wirkung sei gross für das SBB-Personal. «Den Leuten gibt es mehr Sicherheit, weil sie genau wissen, wie es ablaufen muss. Es dient zum Wiederaufbau des Sicherheitsempfindens beim Personal», sagt Menet, der auch Präsident des Zugpersonalverbandes ist.
Denn der tödliche Bahnunfall vom August habe das Personal stark verunsichert. Ein erfahrener Zugschef wurde damals beim Einsteigen von der Tür eingeklemmt und mitgeschleift, weil der Lokführer bereits das Signal zum Abfahren erhalten hatte. Dieser Unfall hätte mit dem seit Montag geltenden Abfertigungsprozess wahrscheinlich verhindert werden können, meint Menet.
Auswirkungen noch offen
Es brauchte einigen Druck der Gewerkschaften, bis die SBB für das neue Prozedere grünes Licht gab. Die SBB warnt denn auch, dass dieses zu Verspätungen führen könne. Menet sagt dazu: «Es kann auf den Fahrplan Auswirkungen haben. Wie gross diese genau sind, kann ich nicht sagen. Das wird sich zeigen, wenn wir dies umsetzen.»
Mittelfristig sollen die Türsysteme aller alten Wagen – es sind etwa 600 – auf das Sicherheitsniveau der moderneren Züge angepasst werden. Dies wird aber laut SBB noch einige Jahre dauern. Und mindestens solange gilt für diese Wagen das neue Abfahrtsregime. Ob es aus Sicherheitsgründen noch andere Anpassungen braucht, kann Menet nicht abschliessend beurteilen. Das neue Abfahrtprozedere sei jetzt das Richtige.
Einpersonenbetrieb überdenken
Nicht richtig finden die über 2000 Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter das neue SBB-Kundenbegleiter-Konzept, das seit dem letzten Fahrplanwechsel gilt. So sind tagsüber nicht mehr auf allen Zügen zwei Kundenbegleiter im Einsatz. Für SBB-Zugbegleiter Menet ist klar, gerade auch aus Sicherheitsgründen müsse man den Einmannbetrieb überdenken. «Es ist klar, es verstärkt unsere Forderung, dass man immer zwei Personen auf den Zügen haben muss. Das fordern wir schon lange. Daran halten wir fest.»
Die Gespräche zwischen der Gewerkschaft SEV und der SBB dauern hier an. Bis auf weiteres will die SBB aber am neuen Kundenbegleiter-Konzept festhalten.