Fussball ohne versteckte Fouls, ohne Leibchenzupfer, ohne Schwalben, ohne Diskussionen mit dem Schiedsrichter und ohne Zeitspiel: Dafür steht der Fortschrittliche Schweizer Fussball-Verband (FSFV), wie Präsident Mämä Sykora sagt.
«Vielleicht probieren wir tatsächlich, ein Stück heile Welt hochzuhalten – so gut es geht.» Das müsse der FSFV-Vorstand, das sogenannte Zentralkomitee, den Klubs jedes Jahr mit grossem Aufwand wieder in Erinnerung rufen.
Vielleicht probieren wir tatsächlich, ein Stück heile Welt hochzuhalten.
Doch Sykora ist überzeugt: Würde das Zentralkomitee nicht so viel Wert darauf legen und dauernd darüber diskutieren, wären die Unterschiede zum normalen Fussball noch viel geringer.
Mittlerweile hält man sich auch bei der Alternativ-Liga ziemlich stark an die Regeln des Weltfussballverbands Fifa, was die Gründerväter des FSFV wohl erbleichen lassen würde.
Von Anarchisten gegründet
Die Alternative Liga wurde 1977 von linksrevolutionären Zürcher Kreisen gegründet – als Alternative zum kommerziellen Schweizer Fussball. Der Verein Fortschrittlicher Schweizer Fussball-Verband wurde gegründet, damit die Teams auf städtischen Sportplätzen spielen konnten. Die Alternative Liga ist in mehreren Etappen gewachsen, die laut FSFV-Präsident Sykora nicht viel miteinander zu tun hatten. |
Zu Beginn war die Liga noch politisch motiviert – man sprach vom «linken Fussball», bei dem Fairness und Gleichberechtigung hochgehalten wurde. Mit der Entpolitisierung der Gesellschaft schien die Alternative Liga ihre Daseinsberechtigung jedoch verloren zu haben, wie Sykora sagt. |
Dann gab es aber einen Neustart in den 1990er-Jahren, als neu auch Szene-Klubs und Trend-Bars mit Teams zur Liga stiessen. Diese hätten mit den anderen Klubs jedoch überhaupt nichts zu tun gehabt, so Sykora. Der einzige gemeinsame Nenner sei die Alternative zum normalen Fussball gewesen. |
Szene-Klubs sind wieder verschwunden
Von den ursprünglichen politischen Idealen hat sie sich inzwischen verabschiedet, doch es gibt die Alternative Liga noch: Weit über 1000 Spielerinnen und Spieler sind es alleine in Zürich. Sie sind in über 50 Teams organisiert – in der normalen Liga, der Frauenliga und der Ehrenliga für Fussballer ab 35 Jahren.
Sie alle verbindet eine Grundidee:
Unser Credo ist, man will gute Spiele gegen liebe Gegner haben, und nicht um jeden Zweck die drei Punkte einfahren. Wer das will, der ist bei uns an der falschen Adresse.
Zwar hat der FSFV inzwischen auch Turnierspiele eingeführt, wo es um den Sieg geht. Das Fairplay, der Respekt vor den anderen wird jedoch weiterhin hochgehalten. Das zeigt sich besonders an zwei Massnahmen:
- Die Schiedsrichter werden von den Teams gestellt, und sind nicht ausgebildete Referees.
- Nach jedem Spiel bewerten Schiedsrichter und Gegner das Verhalten des Teams in der Fairplay-Tabelle. Sie wird dann beigezogen, wenn in der Punktetabelle Gleichstand herrscht.
Fairplay-Punkte auch im normalen Fussball?
Die Fairplay-Wertung ist vielleicht die einzige Massnahme der Alternativen Liga, die sich auch auf den normalen Fussball übertragen liesse.
«Es wäre eine sehr einschneidende Änderung, die ich sehr begrüssen würde», sagt Sykora und schränkt gleich ein: Aber sie dürfte nicht nur ein Lippenbekenntnis sein, sondern es müsste sich für einen Verein auch lohnen, fair zu spielen.
Vielleicht gäbe es so auch im normalen Fussball weniger Leibchenzupfer, Schwalben und Diskussionen, und damit auch etwas mehr heile Welt.