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Normalität nach Coronavirus «Es ist ganz klar zu früh, konkret über Lockerungen zu reden»

Bleiben Sie zuhause! Dieser dringliche Apell des Bundesrats gilt nun seit bald mal zwei Wochen in der Schweiz. Viele haben bereits jetzt schon genug von der eigenen Wohnung, vom Homeoffice, vom Händedesinfizieren, von der sozialen Isolation.

Irgendwann wird das Leben wieder normal sein. Die Frage ist nur wann und wie das geschehen soll. Wissenschaftsredaktor Christian von Burg wagt einen Blick in die Zukunft.

Christian von Burg

SRF-Wissenschaftsredaktor

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Der 1972 geborene Journalist arbeitet seit 2017 für die SRF-Wissenschaftsredaktion. Vorher war er Inlandredaktor bei Radio SRF und bei der Zeitung «Der Bund».

SRF News: Wann soll das öffentliche Leben wieder heraufgefahren werden?

Christian von Burg: Der Blick nach Wuhan kann uns eine Grössenordnung geben – seit einigen Tagen öffnen dort die Schulen und die Fabriken wieder, knapp zwei Monate nach der totalen Abriegelung. Hier in der Schweiz steht uns das Schlimmste noch bevor: Trotzdem fragen sich viele Leute, wie es nun weitergehen soll. Wir kriegen viele Mails, in Wirtschaftskreisen macht man bereits Druck und auch in der Wissenschaft macht man sich viele Gedanken.

Zentral ist das genau Nachverfolgen aller weiteren möglichen Ansteckungen.

Was ist für eine Rückkehr zur Normalität notwendig und sinnvoll?

Zentral ist das genau Nachverfolgen aller weiteren möglichen Ansteckungen. Also sobald jemand neu erkrankt, alle, die Kontakt hatten mit dieser Person, überprüfen und auf eine Ansteckung mit dem Virus testen – so wie man das jetzt in Südkorea, Singapur und China macht. In diesem Punkt sind sich die Experten weltweit einig.

Auch nach dem Abflachen der Epidemiekurve braucht es also weiterhin viele Tests. Damit sind aber nicht nur Tests gemeint, die das Virus nachweisen können, sondern vor allem welche, die nachweisen können, wer schon immun ist dagegen..

Beide sind wichtig. Es braucht die Tests der aktuellen, neuen Ansteckungen. Und es braucht die anderen, die Bluttests, die anzeigen, ob jemand eine Virusinfektion bereits hinter sich hat und dadurch eine Immunität gegen das Corona-Virus aufgebaut hat. Darunter sind auch Menschen, die infiziert wurden, aber gar nichts von der Krankheit gemerkt haben, kein Husten – gar nichts.

In Deutschland soll nun ein grosser Test auf Immunität mit mehr als 100'000 Probanden lanciert werden, um besser abschätzen zu können, wie sich die Immunität verbreitet.

Vielleicht können wir Westler bei den Schutzmasken was von den Menschen in Asien lernen.

Sind die Bluttests, die Antikörper nachweisen, zuverlässig?

Derzeit drängen viele Anbieter auf den Markt, die solche Tests anbieten. Wie Verlässlich diese Tests sind, müssen die spezialisierten Labore erstmal testen. Bis dahin sollte man noch keine solchen Tests kaufen, raten die Fachleute.

In China oder Südkorea regt man sich über Leute auf, die in der Öffentlichkeit keine Schutzmaske tragen. Wird dieses Denken bei uns auch noch Einzug halten?

Man sieht bereits jetzt ein Umdenken. Ich habe auf den Strassen noch nie so viele Menschen mit Masken gesehen wie aktuell.

Die Masken sind nicht zentral, aber sie sind auch nicht vollkommen unnütz, wenn man sie richtig anwendet. Das sagen immer mehr Fachleute. Eine Maske schützt mich selber wenig, aber die anderen, indem wir weniger Tröpfchen verteilen, wenn wir Husten oder Niesen. Vielleicht können wir Westler hier was von den Menschen in Asien lernen.

Aktuelles zum Coronavirus

Wird auch in der Schweiz die Empfehlung kommen, Schutzmasken zu tragen?

Das wird man sehen. Derzeit gibt es aber zu wenige Masken, das ist der springende Punkt. Sie werden in den Spitälern und in der Pflege dringendst gebraucht. Deshalb ist es sicher richtig, wenn das BAG aktuell noch zu Zurückhaltung aufruft.

Das Gespräch führte Roger Brändlin.

Echo der Zeit, 27.3.2020, 18:00 Uhr ; 

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