Unrealistisch und unverschämt – so lautete der Tenor, nachdem der Lehrerverband Anfang Woche seine Lohnforderungen für die nächsten fünf Jahre bekannt gegeben hatte. Beat Zemp, Präsident des Schweizerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, bleibt unbeirrt.
«Die Forderung ist nicht unverschämt»
«Die Forderung ist keine Provokation, und sie ist auch nicht unverschämt», sagte Zemp in der «Samstagsrundschau». Bis zu 20 Prozent innert 5 Jahren bedeute eine Lohnforderung für nächstes Jahr von 0 bis 3,7 Prozent – und das nur in Kantonen, die nichts gemacht hätten in den letzten 20 Jahren, präzisierte Zemp.
Die kantonalen Unterschiede seien sehr hoch, betont Zemp. Während im Kanton Zürich beispielsweise die Einstiegslöhne für Primarlehrer um 10‘000 Franken pro Jahr angehoben worden seien, sei im Kanton Bern seit Jahren nichts passiert. Der Lohnanstieg mit wachsender Erfahrung wurde abgeschafft, die Teuerung nicht ausgeglichen – entsprechend schlecht sei im Kanton Bern die Stimmung in der Lehrerschaft, sagt Zemp.
Streik als letztes Mittel
Bis zu 2000 Franken weniger Lohn pro Monat als in anderen Kantonen, das mache den Beruf unattraktiv. Deshalb könne es in Bern und anderen Kantonen durchaus auch zu Streiks kommen.
«Als letztes Mittel ist das vorstellbar», so der oberste Lehrer der Schweiz. Das Bundesgericht halte fest, dass ein Streik möglich sei, wenn er verhältnismässig und angekündigt sei. «Ich glaube, es ist wirklich eine Situation, bei der man mit einer Versschärfung der Kampfmassnahmen rechnen muss.»
Begnügten sich die Kantone weiterhin der «Hinhaltetaktik», werde der Lehrermangel in den nächsten Jahren wieder deutlich anwachsen, warnt Zemp.
Zahlreiche Stellen noch unbesetzt
Gemäss dem Lehrerverband müssen kurz vor Beginn des Schuljahres 2013/14 in 90 Prozent aller Schulen noch Stellen besetzt werden. Zudem habe seit 2005 habe die Geburtenzahl in der Schweiz stetig zugenommen, während gleichzeitig Tausende Lehrpersonen in Pension gingen.
Auch sei seit einigen Jahren zu beobachten, dass junge Männer kaum mehr den Lehrberuf ergreifen würden. Die Löhne in anforderungsgleichen Berufen lägen in Privatwirtschaft und Verwaltung 10 bis 85 Prozent höher.
Kritiker einer Lohnerhöhung für das Lehrpersonal könnten sich unter anderem daran gestört haben, dass die Schweizer Saläre im internationalen Vergleich bereits sehr hoch sind.
Gemäss der neuesten OECD-Studie zu den Lehrerlöhnen, über die die Zeitung «Schweiz am Sonntag» berichtete, steht die Schweiz hinter Luxemburg auf dem zweiten Platz. Gleichzeitig sind die Klassen zum Teil deutlich kleiner als in anderem OECD-Ländern.
Primarlehrerlöhne im Vergleich
Luxemburg | 82'736 |
Schweiz | 59'445 |
Deutschland | 58'662 |
USA | 43'747 |
Österreich | 42'633 |
Löhne nach 10 Jahren, in US-Dollar, kaufkraftbereinigt |
Ein Lehrer verdient in der Schweiz auf Stufe Primar rund 71'000 Franken. Ein Sekundarlehrer erhält maximal 80'000 Franken, eine Lehrperson auf Sekundarstufe II rund 90'000 Franken. Im OECD-Durchschnitt verdienen Lehrpersonen 44'000 (Primar), 46'500 (Sekundarstufe I) respektive 48'300 Franken (Sekundarstufe II) pro Jahr.
Mehr Lohn, aber auch mehr Arbeitsstunden
Bei der Studie wurden insgesamt 36 Länder miteinander verglichen. Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2011 oder später und sind kaufkraftbereinigt, das heisst, die Preisniveaus der einzelnen Länder wurden berücksichtigt.
Lehrerinnen und Lehrer in der Schweiz arbeiten aber auch deutlich mehr als ihre Kollegen im Ausland. Eine Lehrperson hierzulande steht 930 Stunden vor der Klasse.
Über 2000 Stunden beträgt gemäss dem Dachverband der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) der gesamte jährliche Aufwand. Im Vergleich: Im OECD-Durchschnitt arbeitet eine Lehrperson insgesamt 1700 Stunden.
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