SRF News: Adolf Ogi, Sie haben als letzter Schweizer Bundesrat einen US-Präsidenten am WEF empfangen. Worauf kommt es bei einem solchen Empfang an?
Adolf Ogi: Auf die allerersten Momente, auf die ersten Worte, die ersten 30 Sekunden. Man muss sofort die Aufmerksamkeit und den Respekt des Gastes gewinnen. Man darf sich nur ja nicht unterordnen, sich nicht anbiedern. Man muss klarmachen, dass man auf Augenhöhe miteinander spricht. Von Präsident zu Präsident – das muss man schon in den ersten Sätzen klarmachen.
Wie haben Sie das bei Bill Clinton geschafft?
Ich hatte einen entscheidenden Vorteil. Ich hatte Bill Clinton und seine Frau schon ein Jahr zuvor bei einem Empfang in Washington kennengelernt. Damals hatte er darauf bestanden, dass ich nach dem Empfang noch etwas bleibe. Ich habe dann zusammen mit den Clintons und den Blairs, die ebenfalls da waren, einen tollen Abend verbracht. Die Chemie stimmte. Das hat mir dann in Davos geholfen.
Viele kritisieren Trumps Besuch schon jetzt.
Das sehe ich anders. Trumps Besuch am WEF ist eine Riesenchance für die Schweiz. Wir müssen uns in einem guten Licht darstellen. Ich gehe davon aus, dass Präsident Trump die Schweiz nicht kennt. Unsere Werte, unsere direkte Demokratie unsere Verteidigungskraft, unsere Wirtschaftskraft; all das müssen wir ihm erklären.
Obwohl der Mann viel mehr Feinde als Freunde zu haben scheint?
Wir müssen ihn doch nicht als Feind betrachten. Das wäre der grösste Fehler. Wir müssen diese Chance nutzen. Er ist da, er kommt. 18 Jahre ist keiner gekommen – und er kommt jetzt. Wenn er nach Hause geht, soll er von unserem Land fasziniert sein.
Auch der Sicherheitsaufwand bei einem solchen Besuch ist sicher immens.
Natürlich werden einige Dinge hochgefahren. US-Behörden nehmen Kontakt auf. Wir müssen auch da einen guten Eindruck hinterlassen. Wir müssen zeigen: Wir sind bereit für diesen Besuch, wir sind seriös – und wir machen eine tadellose Arbeit.
Das Interview führte Reto Kohler.