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Ohne Monopol ins 2021 Auch Berner und Thurgauer Kaminfeger werden freie Unternehmer

Ab dem neuen Jahr können die Hausbesitzer wählen, welchen Kaminfeger sie beauftragen wollen.

In mehr als der Hälfte der Kantone ist das Kaminfeger-Monopol bereits gefallen. In den Kantonen Thurgau und Bern geht es ab Januar in die Umsetzung. Die Kaminfeger arbeiten nicht mehr in zugeteilten Gebieten, sondern im ganzen Kanton und ohne vorgeschriebene Tarife. Die Änderung bedeutet konkret:

  • Gebäudeeigentümer wählen ihre Kaminfegerinnen und Kaminfeger selber und sind für die Brandsicherheit ihrer Heizsysteme verantwortlich.
  • Kaminfeger habe keine festen Gebiete und keine vorgeschriebenen Preise mehr.

Freie Wahl

Mit der Liberalisierung entscheidet nicht mehr die Gemeinde, wer die Rauchabzüge der Cheminées und Kachelöfen reinigt und wer die Heiz- und Lüftungssysteme überprüft, sondern die Hausbesitzerinnen und Gebäudeeigentümer selber.

Eine Kaminfegerin auf einem Autodach.
Legende: «Unser Beruf ist extrem im Wandel», sagt der Vizepräsident von Kaminfeger Schweiz, Walter Tanner. Keystone

Die Gemeinde legt auch nicht mehr die Tarife fest, zu denen die Kaminfeger arbeiten. Ab Januar steht es den Kaminfegerinnen und Kaminfegern auch in den Kantonen Thurgau und Bern frei, wie sie ihre Preise gestalten wollen. Und sie können ihre Tätigkeit im ganzen Kantonsgebiet und teils auch ausserhalb ausüben.

Neue Pflichten

Eine regelmässige Reinigung der Feuerungsanlagen senkt die Brandgefahr und den Brennstoffverbrauch und verlängert die Lebensdauer der Anlage. Darum halten die Kantone auch ohne Kaminfegermonopol an dieser Reinigungspflicht fest. Sie geht vom Kaminfeger neu an die Gebäudeeigentümerin und den Hausbesitzer. Er steht in der Verantwortung innert vorgeschriebener Frist seine Anlage zu warten, um unter anderem einen Mottbrand zu vermeiden.

Aus unternehmerischer Sicht gibt es durch die Öffnung ganz neue Möglichkeiten.
Autor: Walter Tanner Vizepräsident Kaminfeger Schweiz

Die Kaminfeger bekämen mit der Öffnung die Chance, sich auf dem Markt zu positionieren, sagt Walter Tanner. Er ist Präsident des Kaminfegermeisterverbandes Thurgau und Vizepräsident des Verbands Kaminfeger Schweiz.

Heute habe längst nicht mehr jeder Kaminfeger das gleiche Dienstleistungsangebot. Auch wenn die Reinigung von Öl-, Gas- und Holzheizungen nach wie vor zum Kerngeschäft des Kaminfegermeisters gehöre, so biete dieser im Zeitalter der erneuerbaren Energien auch die Pflege von Lüftungs- und Solaranlagen oder die Energieberatung an.

Die Dienstleistung des Kaminfegers wird teurer.
Autor: Walter Tanner Präsident Kaminfegermeisterverband Thurgau

Wenn die Kaminfegerinnen und Kaminfeger unter Konkurrenzbedingungen arbeiten, dürfte sich der Kundenservice verbessern, ist sich Tanner sicher. Allerdings dürften auch die Preise steigen, was in Kantonen wie Zürich, in denen die Liberalisierung bereits Einzug gehalten habe, zu beobachten sei.

Die Kaminfeger müssen ihre Arbeit offerieren, müssen für ihre Dienstleistungen werben, und dies verursacht Kosten. Diese zusätzlichen Betriebskosten erfordern höhere Einnahmen. «Die Dienstleistung des Kaminfegers wird darum teurer», so Kaminfegermeister Tanner aus Kreuzlingen.

Weitere Kantone ziehen nach

Mit Bern und Thurgau haben schon über die Hälfte aller Kantone das Kaminfeger-Monopol abgeschafft. Insbesondere in der Deutschschweiz habe sich die Änderung des Feuerschutzgesetzes wie ein «Flächenbrand» ausgeweitet, so Walter Tanner – und der Trend gehe weiter. Das habe mit dem Wandel in der Branche zu tun, der durch die alternativen Energieträger ausgelöst worden sei.

Aufbruchstimmung im Kaminfegerwesen

Box aufklappen Box zuklappen

Schwyz hat das Kaminfegermonopol schon vor Jahren abgeschafft und damit schweizweit eine Vorreiterrolle eingenommen. Als erster grosser Kanton hat Zürich nachgezogen. Ihm hat es auch der Kanton Aargau gleichgemacht und setzt das geänderte Brandschutzgesetz per 2022 in Kraft.

Der Kanton Glarus hat sein Kaminfegermonopol schon 2013 liberalisiert. Weil im Glarnerland jetzt ein Kaminfeger-Mangel droht, hat Glarus erst kürzlich den Kaminfegern aus dem benachbarten Monopolkanton St. Gallen den Markt geöffnet.

Noch nie monopolistisch gearbeitet haben die «Spazzacamini» im Tessin und nehmen daher im Kaminfegergewerbe eine Sonderstellung ein. Anders die Westschweizer. Sie arbeiten nach wie vor nach alter Manier und die Politik macht nicht den Anschein, als wollte sie daran so bald etwas ändern.

Regionaljournal Ostschweiz, 30.12.20, 06.32 Uhr

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