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Per Video überführt Versicherer kämpfen für Observationen

Im Abstimmungskampf um Sozialdetektive gehen Versicherer in die Offensive und veröffentlichen neue Observationsvideos. Betrüger seien oft nur so zu überführen. Die Gegner der Vorlage ärgern sich über diese Aktion – sie stosse die falsche Debatte an.

«Wenn das Gesetz an der Urne scheitert, sind die Sozialversicherungen auf einem Auge blind.» Das sagt Andreas Dummermuth, Präsident der Konferenz der kantonalen Ausgleichskassen und Geschäftsleiter der IV-Stelle Schwyz. Dummermuth kämpft für ein Ja zur gesetzlichen Grundlage für die Überwachung von Sozialversicherten.

In der Sendung «Rundschau» zeigt er Observationsvideos von IV-Bezügern aus dem Kanton Schwyz. Es sind Männer, die IV-Gelder in Schwyz bezogen haben und mit Hilfe von verdeckten Videoaufnahmen überführt werden konnten. Sie haben Ärzte, Behörden und in einem Fall gar das Gericht hinters Licht geführt. Einer der Männer wurde vom Bundesgericht rechtskräftig verurteilt, beim zweiten wurden die Rentenzahlungen rechtskräftig sistiert.

2017 stellte die IV die Observationen ein. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof und das Bundesgericht hatten festgestellt, dass dafür keine ausreichende Rechtsgrundlage vorliegt. Deshalb hat das Parlament – im Eiltempo – eine neue Gesetzesgrundlage für Observationen entworfen. Dagegen wurde das Referendum ergriffen.

Gegner ärgern sich

Daniel Graf vom Referendumskomitee «Versicherungsspione Nein» ärgert sich darüber, dass die Versicherer jetzt, knapp drei Wochen vor der Abstimmung, diese Videos publik machen: «Wenn die Versicherungslobby solche Filme zeigt, setzt sie auf pure Emotion. Es geht nicht um Argumente.» Die Gegner der Vorlage, so Graf, seien explizit nicht gegen Video-Observationen. «Wir haben immer gesagt: Wer betrügt, muss zur Kasse gebeten werden.»

Das vorliegende Gesetz werde bekämpft, weil es unsauber gemacht sei und den Versicherern zu viel Spielraum lasse. Beispielsweise sei aus Sicht der Gegner nicht klar, ob ein Privatdetektiv in Innenräumen filmen darf oder nicht. Laut Daniel Graf haben die Versicherer zu viel Einfluss auf die Parlamentarier genommen, die das Gesetz ausgearbeitet haben.

Fakt ist: Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) hat den vorliegenden Observationsartikel massgeblich verfasst. Die SGK ist stark mit der Versicherungsindustrie verbandelt. Von 13 Kommissionsmitgliedern weisen sieben eine Interessenbindung mit einer Krankenkasse aus. Diese dürften künftig auch Observationen einsetzen. Laut den Befürwortern des Gesetzes ist für Krankenkassen der Anreiz aber klein. Observationen lohnten sich erst bei Rentenzahlungen.

Fakten, nicht Emotionen

Andreas Dummermuth sagt, es gehe beim neuen Gesetz nicht um die Interessen der IV-Stellen oder Ausgleichskassen, sondern um das Interesse der gesamten Bevölkerung. «Wir müssen schauen, dass die richtigen Leute die richtigen Leitungen bekommen», so Dummermuth.

Am 25. November entscheiden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über die neue Gesetzesbestimmungen für verdeckte Beobachtungen durch die Sozialversicherungen. Diese Bestimmungen regeln die Voraussetzungen, Verfahren und Grenzen für solche Observationen.

Zwei Observationsvideos der IV-Stelle Schwyz

Beim ersten Beispiel haben mehrere Ärzte dem Mann attestiert, dass er körperlich stark beeinträchtigt ist. Unter anderem durch Schmerzen. Nach der Video-Observation wurden seine IV-Leistungen sistiert.

Beim zweiten Beispiel war der Mann vom Pferd gestürzt und hatte zahlreiche körperliche Beschwerden. Mehrere Versicherungen, darunter die IV, zahlten ihm insgesamt eine Million Franken Leistungen. Die Videoobservation zeigte, dass der Mann körperlich sehr aktiv ist. Das Bundesgericht hat den Mann rechtskräftig verurteilt.

Wie häufig sind Observationen bei IV-Bezügern?

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Das Bundesamtes für Statistik hat heute neue Zahlen zur Häufigkeit von Observationen bei IV-Bezügern aufgeschaltet. Laut BSV bezogen im Zeitraum 2010 bis 2016 im Durchschnitt 230‘000 Personen jährlich IV-Leistungen. Vor dem Observations-Stopp wurde in diesen Jahren im Durchschnitt in rund 2400 Fällen ein Verdacht auf Versicherungsmissbrauch abgeklärt. Davon in nur gerade 150 Fällen mit einer Observation.

«Rundschau»

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«Rundschau»

Mehr zum Thema in der « Rundschau » um 20.05 Uhr auf SRF 1.

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