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Poker um Medikamentenpreis Roche setzt Bundesamt unter Druck

Das Bundesamt für Gesundheit steht bei der Preisfestsetzung von Medikamenten unter Druck der Pharma-Firmen. Die Unternehmen versuchen, hohe Preise durchzusetzen. Wie es ablaufen kann, zeigt der Fall des Krebsmedikaments «Perjeta».

Die Rundschau hat die Dokumente der Preisverhandlungen zwischen dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und der Firma Roche für «Perjeta» per Öffentlichkeitsgesetz beantragt und ausgewertet.

Die Akten zeigen ein undurchsichtiges Machtspiel. Anfangs verlangt Roche pro Packung 3950 Franken. Das BAG will aber nur einen Preis von 1850 Franken bewilligen. Am Schluss der Verhandlungen bleibt der Preis deutlich höher als vom BAG verlangt: «Perjeta» kommt 2013 für 3450 Franken auf den Markt. Heute beträgt der Listenpreis rund 3000 Franken.

Rabatte und «Schaufensterpreis»

Die Dokumente zeigen, wie Roche den hohen Preis durchsetzen konnte. Das Unternehmen gewährte den Krankenversicherern einen Rabatt von über 2000 Franken auf den Listenpreis. Roche propagierte diese Lösung als innovatives «Preismodell».

Max Giger war Präsident der eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK) und kennt die Akte «Perjeta» gut. Die EAK gibt bei der Preisfestsetzung eine unverbindliche Empfehlung ab. Die Kommission stufte «Perjeta» dreimal als zu teuer ein, schon vor der ersten Aufnahme auf die Spezialitätenliste 2013.

«Roche hat diesen Schaufensterpreis gebraucht. Je höher der Schweizer Preis ist, desto eher kann man auch im Ausland einen hohen Preis verlangen, und man hat die Möglichkeit einen (grösseren) Rabatt zu geben.» Roche nimmt dazu auf Anfrage keine Stellung.

Giger sagt, die Verhandlungen seien bis heute vertraulich und intransparent. «Das BAG versucht zwar einen tieferen Preis auszuhandeln, läuft aber zunehmend auf.» Entweder das Bundesamt komme den geforderten Preisen nach oder das Medikament laufe Gefahr, nicht auf die Liste gesetzt zu werden.

Powerplay von Roche

Weiter scheint es, dass Roche mehrmals ein Scheitern der Verhandlungen in Kauf genommen hat. So 2014: Weil sich Behörde und Firma nach einer ersten Aufnahme auf die Spezialitätenliste nicht einigen konnten, scheitern die Verhandlungen. Das teure Medikament steht ein Jahr lang nicht mehr automatisch auf der Liste, muss also nicht mehr von der Krankenkasse vergütet werden.

Der Präsident der Krebsforschung Schweiz, Thomas Cerny, spricht von «Betrug am Volk». «Schweizer Patientinnen haben bei Studien mitgemacht, um ‹Perjeta› auf den Markt zu bringen. Dann sagt Roche, wenn wir den Preis nicht erhalten, nehmen wir es wieder weg.»

Roche entgegnet, «Perjeta» sei jederzeit zugänglich gewesen. Doch die Patienten hatten zwischenzeitlich nur über Ausnahmegesuche Zugang zum Medikament.

BAG: «Erfolgsgeschichte»

Beim BAG heisst es, das Preismodell von «Perjeta» sei eine Erfolgsgeschichte. Man halte sich stets an die Gesetzgebung, so auch in diesem Fall.

Dass das Amt hier einen zu hohen Preis bewilligt habe, bestreitet der Vize-Direktor des BAGs, Thomas Christen. Er betont: «Der Preis für ‹Perjeta› ist günstiger als in der EU.»

Christen sagt aber auch, das BAG stehe unter Druck der Industrie. Man sei aktuell in rund 60 Fällen vor Gericht, weil keine Preis-Einigung erzielt wurde. «Wir wissen also mit dem Druck umzugehen», betont er.

Roche wehrt sich

Roche gibt ein Interview, weicht aber den Fragen aus. Remo Christen, Direktor Marktzulassung Schweiz, hält fest: Der Preis für «Perjeta» sei transparent und mit allen Beteiligten zustande gekommen. Die gefundene Rabattlösung sei ein Pioniermodell. Am Donnerstag nahm dann CEO Severin Schwan Stellung.

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