Der Nationalrat hat in der Frühlingssession sein Plazet gegeben. Nun sagt aber der Ständerat Nein zur Motion der Luzerner SVP-Nationalrätin Yvette Estermann mit dem Titel «85 Rappen für mehr Demokratie!».
Darum geht es: Die Post soll für Stimmbürger, die in der Schweiz brieflich abstimmen wollen, die Portokosten übernehmen. Die Motionärin argumentiert mit den Ergebnissen einer Studie der Universität Freiburg: Diese habe gezeigt, dass vorfrankierte Stimmkuverts etwas bewirkten. In Gemeinden, in denen beim Stimmen nicht nach einer Briefmarke gesucht werden müsse, sei die Stimmbeteiligung um zwei Prozent höher gewesen als in den übrigen.
Das wurde entschieden: Der Ständerat folgte dem Bundesrat und lehnte entgegen dem Nationalrat die Motion relativ deutlich mit 29 zu 10 Stimmen ab. Damit ist das Geschäft vom Tisch.
Das sagt der Bundesrat: Die Landesregierung verwies in ihrer Stellungnahme auf die Kompetenz von Kantonen und Gemeinden. Sie müssten die Urnengänge organisieren und durchführen. Der Bundesrat möchte hier nicht in die Zuständigkeiten eingreifen.
Bundeskanzler Walter Thurnherr, der das Geschäft in den Räten vertrat, meinte, dass der Bundesrat keinen Handlungsbedarf sieht. Zudem habe es auch – wie zum Beispiel im letzten Jahr – Situationen gegeben, in denen der Bund auf einen eidgenössischen Urnengang verzichtet hatte. In einem solchen Fall sei es fraglich wie man vorgehen würde. Weiter meinte er ein wenig belustigt: «Man braucht keine Briefmarke, um abstimmen zu können.» Eine solche könne mit dem Handy und einer SMS gekauft werden.
Man braucht keine Briefmarke, um abstimmen zu können.
Turnherr bezweifelte auch, ob die Stimmbeteiligung mit einem portofreien Stimmkuvert markant erhöht werden könne. Es würden immer unterschiedliche Personen an die Urnen gehen. Daher würde er das Geschäft nicht an der Abstimmung vom vergangenen Sonntag mit einer Stimmbeteiligung von 33,7 Prozent messen.
Das sagen die Gegner: Kommissionspräsidentin Pascale Bruderer (SP/AG) sagte im Namen der knappen Kommissionsmehrheit dass der Bund nicht in die Zuständigkeitsbereiche der Kantone und Gemeinden eingreifen solle. «Zudem würde der Bund hier auch kantonale und kommunale Abstimmungen mitfinanzieren», betonte die Aargauer SP-Ständerätin.
Die Botschaft der Kommission sei es auch, dass alle Möglichkeiten zur Partizipation an Abstimmungen, sei es brieflich, an der Urne oder via E-Voting, zu fördern seien. Bruderer wollte es damit mit einem Aufruf an die Kantone, die Praxis zu ändern, belassen.
Der Bund würde kantonale und kommunale Abstimmungen mitfinanzieren
Support erhielt Bruderer von ihrem Schaffhauser Ratskollegen Thomas Minder (parteilos). An sich sei dies eine gute Idee, doch hier ist der Bund der falsche Adressat. Der Bund sei nur befugt, eidgenössische Abstimmungen zu organisieren und den rechtlichen Rahmen dafür zu schaffen. Doch gleichzeitig gebe es in den Kantonen auch andere Abstimmungstermine, welche dann nur vom Kanton oder gar der Gemeinde organisiert werden. Und hier müsste Porto bezahlt werden. «Das versteht der Stimmbürger nicht», betont Minder.
Das sagen die unterlegenen Befürworter: Der Sprecher der Kommissionsminderheit, Raphaël Comte (FDP/NE), wies auf die tiefe Stimmbeteiligung vom letzten Abstimmungssonntag hin. Er forderte Massnahmen und eine sei eben, die portofreie briefliche Abstimmung. Im Gegensatz zu Thurnherr meinte er, dass man nicht immer eine Briefmarke zur Hand habe und dies sei vielleicht eine – zwar kleine – Barriere nicht abzustimmen.
Zudem: An eidgenössischen Abstimmungssonntagen käme es regelmässig dazu, dass es nicht überall zu kantonalen Urnengängen kommt. Dennoch haben diese Kantone Kosten, weil sie die Abstimmung auf eidgenössischer Ebene durchführen müssen.
Es ist professionell, ein vorfrankiertes Rückantwortkuvert beizulegen.
Der Berner SP-Ständerat Hans Stöckli verwies auch auf die tiefe Stimmbeteiligung bei den Urnengängen und meinte, dass es heutzutage professionell sei, ein vorfrankiertes Rückantwortkuvert anzubieten. Der Rücklauf wäre sicher grösser. Auch die Frage, ob man der Post die Kosten dafür aufoktroyieren könne, könne geregelt werden. Der Eidgenossenschaft werde einfach weniger Dividende ausbezahlt.