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Projekt «Cargo sous terrain» Erstes Teilstück rückt in greifbare Nähe

Noch vor einem Jahr war es mehr Vision als Projekt: «Cargo sous terrain», die Waren-U-Bahn quer durch die Schweiz. Doch nun scheint zumindest der Bau des ersten Teilstücks realisierbar zu sein. Eine Einschätzung.

Es ist schon heute eng auf den Strassen und Schienen zwischen den grossen Zentren in der Schweiz. Fachleute nehmen an, dass es in den nächsten Jahrzehnten nicht besser werden wird. Deshalb braucht es noch mehr Platz, um Menschen und Waren zu transportieren. Platz, der in der kleinen Schweiz kaum vorhanden ist.

Die privatwirtschaftliche Idee des Projekts «Cargo sous terrain», den Warenverkehr unter den Boden zu verlegen, und nur auf den letzten Metern auf der Strasse zu führen, ist deshalb verlockend. Aber nur schon die grössten Zentren mit einer U-Bahn für Güter zu verbinden, ist ein gigantisches Projekt.

Lässt sich das finanzieren?

Doch «Cargo sous terrain» ist ein Projekt, das heute deutlich näher an der Verwirklichung ist als noch vor einem Jahr. Seine Hauptaktionäre Migros, Coop, Swisscom, Post, Credit Suisse, Zürcher Kantonalbank, Mobiliar und Helvetia – dazu die Mechatronik-Spezialisten von Antrimon – versprechen Knowhow und Geld. Und mit den beiden ausländischen Partnern Dagong Global Investment Group aus China und der französischen Meridiam noch mehr von beidem.

Medienkonferenz über die Mobilisierung von 100 Millionen Franken aus der Privatwirtschaft.
Legende: Vor den Medien wurde über die Investitionssumme von 100 Millionen Franken aus der Privatwirtschaft informiert. Keystone

Natürlich sind noch lange nicht alle technischen und baulichen Fragen geklärt – und die Bevölkerung wird ein gewichtiges Wort mitreden wollen. Doch zumindest das erste Teilstück zwischen Härkingen (SO) und Zürich dürfte in realisierbare Nähe gerückt sein. Auch wenn es nicht so schnell gehen dürfte, wie sich der chinesische Partner heute erhoffte.

Die Frage, ob sich ein solches Riesenprojekt überhaupt privat finanzieren lässt, steht natürlich im Raum. Es gibt ja durchaus Gründe, warum Infrastrukturvorhaben dieser Grössenordnung meist vom Staat durchgeführt werden. Sie lassen sich entweder nicht sinnvoll vorfinanzieren oder nicht kostendeckend betreiben.

Investor aus China setzt auf Lizenzen

Hier aber kann man davon ausgehen, dass die Kredite für das erste Teilstück schon fast zugesagt sein dürften. Denn es sind gleich zwei Grossbanken unter den Hauptaktionären. Sollte das erste Teilstück dereinst gut funktionieren, wäre es ein interessantes Zukunftsprojekt, in das zusätzliche Investoren einsteigen wollen. Zudem rechnet man sich bei «Cargo sous terrain» aus, die Technologie weltweit in Lizenz verkaufen zu können.

Unter anderem darum ist auch der chinesische Investor dabei. Ob das System mit der Feinverteilung in den Städten am Schluss rentabel ist, wird sich zeigen müssen. Grosse Gewinne erwarten aber zumindest die Logistiker offenbar nicht: Transporte würden in Zukunft ohnehin mehr Kosten, sagte Migros-Logistikchef Andreas Münch im «Echo der Zeit». Auch auf der Strasse und der Schiene.

Stellt sich noch die Frage: Könnte das Projekt politisch verhindert werden? Zumindest derzeit sind noch keine sicht- oder hörbaren Gegner aufgetreten. Zu utopisch schien das Projekt wohl, als dass sich jemand deshalb exponieren wollte. Von den betroffenen Kantonen kommt vorerst kein Widerstand.

Kantone sind nicht abgeneigt

Teil der Abmachung mit dem Bundesrat war, dass «Cargo sous terrain» schriftlich die grundsätzliche Zustimmung der betroffenen Kantone einholt. Und diese haben, trotz offener Fragen, Ja gesagt. Es kann aber natürlich sein, dass sich in der Politik oder in der Bevölkerung Widerstand formiert. Etwa von Leuten, die es grundsätzlich ablehnen, dass ein so wichtiges Infrastrukturprojekt privaten Unternehmen gehört. Oder von Landeigentümern, die nicht wollen, dass diese Röhren unter ihren Häusern durchgehen. Oder von Interessengruppen, die grundsätzlich gegen einen Ausbau des Warenverkehrs sind.

Und zuletzt haben sich auch die kleinen Transportunternehmen noch nicht geäussert, die heute für die Feinverteilung innerhalb der Schweiz zuständig sind. Diese könnten sich in der Vernehmlassung einbringen, die wohl in einem Jahr startet. Oder in der Baubewilligungsphase.

Rentabilität wichtiger als Service public

Kaum Widerstand, aber zumindest Unmut könnte von anderen Regionen kommen, die nicht an dieses Verteilsystem angeschlossen werden. Denn hier zeigen sich die Grenzen eines privaten Infrastrukturprojektes gegenüber eines Service-public-Auftrages: Private bauen und betreiben nur, was ihnen rentabel erscheint. Tunnel in die Randregionen hinein zu graben, lohnt sich nicht.

Nur mit einem Leistungsauftrag liesse sich Solches erzwingen. Das aber würde wohl den Rückzug der Investoren bedeuten, die Rentabilität erwarten. Zudem müsste sich die öffentliche Hand auch finanziell beteiligen – und es wäre kein privates Projekt mehr. Als solches war es aber immer angelegt.

Eine Türe liess «Cargo sous terrain» heute allerdings offen: Wenn zum Beispiel Uri einen Zubringer bauen möchte, dann müsste dieser Kanton dieses Teilstück selber bauen und betreiben. Doch so weit ist es noch lange nicht. Wenn überhaupt, dann wird das erste Teilstück Härkingen-Zürich erst 2030 in Betrieb gehen. Die Hauptachsen Genf–St. Gallen und Basel–Luzern sogar erst im Jahre 2045.

Philip Meyer

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Philip Meyer

Philip Meyer berichtet als Wirtschaftsredaktor seit fünf Jahren für Radio SRF über IT- und Telekomunternehmen sowie alte und neue Medien. Er ist zudem Chef vom Dienst im Newsroom von Radio SRF.

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