Zum Inhalt springen

Qualität des Trinkwassers In Sachen Gewässerschutz ist das Mittelland eine Problemzone

Dichte Besiedlung und intensive Landwirtschaft kommen dem Schutz des Grundwassers in die Quere. Viele Wasserversorger geben auf.

80 Prozent des Schweizer Trinkwassers ist Grundwasser. Damit die Qualität des Trinkwassers so hoch wie möglich gehalten werden kann, muss das Grundwasser vor Verunreinigungen geschützt werden.

1998 hat der Bund die Gewässerschutzverordnung revidiert und die Gemeinden aufgefordert, die Schutzzonen rund um Grundwasserfassungen anzupassen, das zeigen Berichte des Bundesamtes für Umwelt Bafu. Gerade im dicht besiedelten Schweizer Mittelland entspricht der Schutz nicht immer den gesetzlichen Vorgaben.

Viele Grundwasserfassungen ungenügend geschützt

Es sind vor allem kleinere Grundwasserfassungen, deren Schutzzonen verletzt werden. Doch diese beliefern immerhin 12 Prozent der Bevölkerung mit Trinkwasser: also rund eine Million Menschen. Schutzzonen um Wasserfassungen sollen mikrobiologische Belastungen (etwa durch Gülle und Abwässer) vom Trinkwasser fernhalten und bei Unfällen in der Umgebung genügend Reaktionszeit schaffen.

Die Gemeinden sind aufgefordert, die effektive Fliessgeschwindigkeit der Zuläufe ihrer Grundwasserfassungen zu messen und die Schutzzonen so anzupassen, dass verkeimtes Wasser erst nach zehn Tagen in der Schutzzone effektiv in die Fassung gelangen kann. In den Schutzzonen selber gelten strengere Vorschriften für die Besiedelung und für die landwirtschaftliche Nutzung.

Zum Beispiel Unterkulm

Die Aargauer Gemeinde Unterkulm hat die verlangten Messungen vorgenommen – und steht nun vor einem Problem. Die vergrösserte Schutzzone kollidiert mit bereits überbautem Gebiet. Gemeindeammann Emil Huber sagt dazu: «Wir haben einerseits Landwirtschaft und andererseits Siedlungsgebiet, das ist über die Jahre so entstanden. Weil die Vorschriften zum Grundwasserschutz verschärft wurden, wird es für uns immer schwieriger, hier ein Pumpwerk zu betreiben».

Solche Nutzungskonflikte mit dem Grundwasserschutz zeigen Folgen: In den letzten 20 Jahren musste fast jeder dritte Wasserversorger ein Fassungsgebiet schliessen – vor allem, weil sich Siedlungen und der Grundwasserschutz in die Quere kamen. Dies zeigt eine neue Untersuchung des Schweizerischen Vereins des Gas- und Wasserfaches SVGW. Vielerorts fürchteten die Gemeinden hohe Entschädigungsforderungen der Grundbesitzer.

Tadel vom Bafu

Dass 40 Prozent aller Grundwasserfassungen keine gesetzeskonformen Schutzzonen ausweisen, ist für das Bundesamt für Umwelt nicht tragbar. Stephan Müller, Leiter Abteilung Wasser beim Bafu, nimmt die Kantone in die Pflicht: «Die Kantone müssen das Trinkwasser für die Bevölkerung sichern. Sie können die Nutzungskonflikte an bestehenden Standorten lösen oder andere Standorte suchen, wo genügend Wasser in genügender Qualität vorhanden ist.»

Kleine hinken hinterher

Die Konferenz der kantonalen Umweltdirektoren KVU stimmt dem zu. Ihr Sprecher Martin Würsten betont, die gewichtigen Grundwasserfassungen hätten das Problem inzwischen gelöst und wiesen gesetzeskonforme Schutzzonen aus. Allerdings: «Die Kleinen hinken hintennach, und da muss man zurecht zweifeln, ob die irgendwann so weit sein werden. Hier muss der Druck erhöht werden.»

Die Gemeinde Unterkulm will sich nicht mit den Grundbesitzern und Bauern rund um ihr Grundwasserpumpwerk anlegen – es wird ein neuer Standort für die Grundwasserfassung gesucht.

Meistgelesene Artikel