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«Auch das Unmögliche ist möglich»
Aus Echo der Zeit vom 18.01.2018.
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Radikale Initiative lanciert Die Idealistin, vor der sich die Bauern fürchten

Sie ist parteilos, arbeitet als Aerobic-Trainerin und hat mit grossem Erfolg eine Initiative lanciert. Franziska Herren ist der Kopf hinter der Trinkwasser-Initiative.

Mit Plastiktrommeln und Trinkgläsern machen die Sympathisanten der Initiative für sauberes Trinkwasser auf ihr Anliegen aufmerksam. Mitten im Menschenpulk steht Franziska Herren, eine Frau mit schulterlangen braunen Haaren und einem leuchtend blauen Mantel. Sie strahlt.

In der Hälfte der benötigten Zeit hat sie das geschafft, woran auch etablierte Parteien schon gescheitert sind: Sie hat über 100'000 Unterschriften für eine politische Idee gesammelt. «Jetzt kommt der grosse Marathon», sagt sie. Die eigentliche Arbeit stehe erst noch an.

Initiative aus dem Home-Office

Ausdauer dafür hat sie: Die fünfzigjährige Herren ist Aerobic-Trainerin. Sie lebt mit ihren zwei erwachsenen Kindern in Wiedlisbach am Berner Jurasüdfuss in einem alten Haus, wo sie im Parterre ein Fitness-Studio betreibt. Dort ist sie im Moment aber nur noch selten anzutreffen, die Politik geht vor.

Ihr Bürotisch im Dachstock ist seit einem Jahr die Zentrale der Trinkwasser-Initiative. Franziska Herren trinkt einen Bio-Grüntee und sagt: «Schon als Kind bin ich immer aufgestanden, wenn ich das Gefühl hatte, dass jemand geschädigt wird. Ich wurde mit dem Gefühl geboren, dass man sich fürs Wohl von allen einsetzen muss.»

Bereits ihre Mutter habe für Tierrechte gekämpft, sie selbst sei sehr achtsam und ökologisch erzogen worden, erzählt sie. Herren ernährt sich nur von pflanzlicher Nahrung, und verzichtet neuerdings auch auf Käse. Das fällt ihr allerdings schwer.

Ein grundlegendes Umdenken

In den letzten Jahren beschäftigte sie sich immer intensiver mit den Produktionsbedingungen in der schweizerischen Landwirtschaft: Massen-Tierhaltung, Pestizid- und Antibiotikaeinsatz, Belastung des Bodens und damit Belastung des Trinkwassers – unserer Lebensgrundlage. Das habe sie wütend gemacht, sagt Herren: «Wir müssen uns daran erinnern, von was wir eigentlich leben. Das, was wir zum Leben brauchen, können wir nicht aus dem Bankomaten herauslassen.»

Das, was wir zum Leben brauchen, können wir nicht aus dem Bankomat herauslassen.
Autor: Franziska HerrenAktivistin

Es brauche ein grundlegendes Umdenken – mehr Rücksicht auf die Natur und die Mitmenschen, sagt sie. «Man muss ganz wegkommen von Mitteln, die unsere Biodiversität zerstören und die Böden kaputt machen.»

Keine Pestizide, kaum mehr Antibiotika, keine Massen-Tierhaltung. Ist Herren eine Idealistin? «Ja, genau», sagt sie.

Ist die Trinkwasser-Initiative also eine Utopie einer besseren Welt? Nein, sagt Franziska Herren. Die Initiative sei keine Utopie, sondern ein realistisches Ziel. «Ich bin eine absolute Optimistin. Das, was man für unmöglich erklärt, kann auch möglich sein, das weiss ich», sagt sie.

Keine Politikerin

Ihre Weggefährten und die Menschen im Dorf beschreiben sie als Kämpferin, beharrlich, mutig, gradlinig und konsequent. Kritische Stimmen aus der Politik sind keine zu hören. Franziska Herren ist in keiner Partei, sitzt in keinem Parlament, bekleidet kein politisches Amt.

Ein Polit-Neuling ist sie dennoch nicht. Sie war es, die nach der Atomkatastrophe in Fukushima vor sechs Jahren die Initiative «Mühleberg vom Netz» lancierte und im Kanton Bern zur Abstimmung brachte.

Die Initiative wurde deutlich abgelehnt, doch Franziska Herren holte sich hier das politische Rüstzeug, um ihre Ideen einer ökologischeren Welt nun auf die nationale Ebene zu bringen.

Offensichtlich trifft die Initiative einen Nerv

Zu viert legten sie los und sammelten Unterschriften auf der Strasse und im Internet. Immer mehr Leute schlossen sich an und spendeten Geld – erst recht, als der Bund bekanntgab, er wolle die Grenzwerte für das umstrittene Pestizid Glyphosat in Bächen, Flüssen und Seen um das 3600 fache erhöhen.

Offensichtlich hat Franziska Herren einen Nerv getroffen. Doch nun wird ihr ein rauher Wind entgegenwehen. Bereits wurde sie als Bauernschreck bezeichnet. Ihre Gegner bringen sich in Stellung – allen voran der Schweizerische Bauernverband. Dessen Präsident Markus Ritter, CVP-Nationalrat und selbst Biobauer, sagt: «Wir verfolgen die Ziele mit sauberem Wasser und glücklichen Kühen alle auch. Die Initiative schiesst aber weit über das Ziel hinaus. Sie geht weit über das Wasser und die Wasserproblematik hinaus.»

Radikal ist die Trinkwasser-Initiative tatsächlich. Da sind sich Markus Ritter und Franziska Herren sogar einig. Herren hält diesen radikalen Schritt aber für nötig: «Wenn wir schauen, was wir bereits alles zerstört haben, ist die Zerstörung viel radikaler, als die Forderung es nicht mehr zu machen.» Für Markus Ritter hingegen wäre eine Annahme nichts weniger als das Ende der schweizerischen Landwirtschaft, wie sie heute existiert.

Was will die «Trinkwasser-Initiative» eigentlich?

Der Verein «Sauberes Wasser für Alle» hat die sogenannte «Trinkwasser-Initiative» lanciert. Diese fordert, nur noch Landwirtschaftsbetriebe mit Direktzahlungen oder Subventionen zu unterstützen, die keine Pestizide einsetzen, in der Tierhaltung auf den prophylaktischen Einsatz von Antibiotika verzichten und nur so viele Tiere halten, wie sie ohne Futtermittelimporte ernähren können. Dadurch soll das Wasser und die Nahrungsmittel von antibiotikaresistenten Bakterien, Pestiziden, Nitrat und anderen Schadstoffen befreit werden.
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