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Rahmenabkommen Schweiz-EU «Bundesbern macht demonstrativ auf Gelassenheit»

Noch kein Rahmenabkommen mit der EU in Sicht: Der Bundesrat habe keine Eile, sagt Bundeshausredaktor Dominik Meier.

In den Verhandlungen mit der EU um ein Rahmenabkommen ist die Schweiz noch nicht vorwärtsgekommen. Was das für die Schweiz und den Bundesrat bedeutet, sagt Inlandredaktor Dominik Meier.

SRF News: Was sagt die offizielle Schweiz nach der letzten Verhandlungsrunde?

Dominik Meier: Es gibt keinen offiziellen Kommentar vom Aussendepartement, auch nicht von Bundespräsident Alain Berset. Man macht in Bundesbern demonstrativ auf Gelassenheit. Es sind auch für die heutige Bundesratssitzung keine massgeblichen Entscheide im Dossier EU zu erwarten.

Beim Hauptstreitpunkt Lohnschutz darf der Bundesrat keinen Schritt auf Brüssel zu machen.

Der Bundesrat hat keine Eile, zu einer Lösung zu kommen. Die Parteispitzen im Wahljahr vermutlich auch nicht. Ändert sich das in einem Jahr nach den Wahlen?

Das ist völlig offen. Es sind zu viele Fragen offen. Offen ist zum Beispiel, wie dringend in einem oder zwei Jahren ein Stromabkommen mit der EU ist. Brüssel macht für ein Stromabkommen ein Rahmenabkommen zur Bedingung. Entscheidend ist auch, wie es beim Brexit weitergeht. Welche Lösung die EU und Grossbritannien für ihr künftiges Verhältnis finden. Das hat Einfluss auf das Verhältnis Schweiz-EU. Innenpolitisch wird die Knacknuss beim Thema Rahmenabkommen auch nächstes oder übernächstes Jahr dieselbe sein wie heute. Nämlich der Schweizer Lohnschutz und der Druck der EU, hier nachzugeben.

Was hat die Schweiz in der Hand, um die EU an den Verhandlungstisch zurückzuholen?

Stand heute eigentlich nichts. Beim Hauptstreitpunkt Lohnschutz darf der Bundesrat keinen Schritt auf Brüssel zu machen. Das aktuelle Verhandlungsmandat lässt dies nicht zu. Im Sommer sind die Gespräche mit Gewerkschaften und Arbeitgebern über mögliche Kompromisse geplatzt und deshalb hat Ende September der Bundesrat zum dritten Mal in diesem Jahr das Verhandlungsmandat bestätigt. Der Schweizer Chefunterhändler Roberto Balzaretti konnte der EU in den letzten Tagen gar nicht spürbar entgegenkommen. Und auch wenn der Bundesrat ab Januar neu zusammengesetzt ist: Ich erwarte nicht dass sich an den Mehrheitsverhältnissen bezüglich Verhandlungsmandat etwas ändert.

Die Schweizer Börse könnte bis zur Hälfte ihres Handelsvolumens verlieren, wenn die EU ernst macht.

Im Raum steht die Drohung, Brüssel könnte der Schweiz die Börsenanerkennung verweigern. Was hat die Schweiz dem entgegenzusetzen?

Der Bundesrat droht seit Sommer mit Gegenmassnahmen für ein solches Szenario, Gegenmassnahmen gegen Börsenplätze in der EU. Allerdings dürfte der Bundesrat alles daran setzen, eine Eskalation zu verhindern. Die Schweizer Börse könnte bis zur Hälfte ihres Handelsvolumens verlieren, wenn die EU ernst macht. Bundespräsident Alain Berset ist diese Woche in Brüssel. Er will offenbar unbedingt weiterhin Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprechen. Nur ist seitens der EU ein solches Treffen nicht geplant. Wenn die EU ernst macht und der Schweiz die Börsenanerkennung verweigert, kommt es zu dieser Eskalation. Sie könnte die Anerkennung auf ein weiteres Jahr befristen, wie sie es schon letztes Jahr gemacht hat. Diese Option könnte beiden Seiten helfen, das Gesicht zu wahren.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovich.

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