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Rassismus und Fasnacht Wie weit dürfen Fasnächtler gehen?

Sagen, was gesagt werden muss: In Basel sorgen die Themen Rassismus und Diskriminierung für viel Gesprächsstoff.

Im letzten Sommer wurde Kritik laut an zwei Basler Guggenmusiken. Die Namen und Logos der «Negro Rhygass» und der «Mohrenköpfe» – beide stammen aus den 1950er-Jahren – seien rassistisch, hiess es. Facebook sperrte deswegen zeitweise die Seiten der Formationen.

Die Diskussion hat die Fasnächtler aufgewühlt, es wurde wochenlang darüber gestritten, was die Fasnacht darf und wo ihre Grenzen sind. Entsprechend dominiert das Thema auch die aktuelle Basler Fasnacht.

Basler Bebbi als weisse Rassisten

Das zeigte sich am Montagnachmittag am traditionellen Fasnachtsumzug, dem Cortège: Der Anblick der Basler Bebbi Clique ist verstörend. Vorneweg Männer mit Tropenhelmen und weissen Uniformen im Stil von rassistischen Kolonialbeamten in Afrika. Dahinter, in Käfigen eingesperrt, wilde Völker.

Fasnachtsumzug mit weissen Kolonialbeamten und «Wilden» im Käfig.
Legende: Umstrittenes Sujet der Basler Bebbi am Cortège. SRF/Patrick Künzle

Jean-Luc Perret, bei der Clique zuständig für die Wahl des Sujets, sagt, man wolle die Zuschauer am Strassenrand aufrütteln. «Sie sollen durchaus einmal leer schlucken und irritiert sein, weil eine solche Darstellung kommt.»

Bebbi wollen zum Denken anregen

Die Clique stellt eine Völkerschau dar – eine Veranstaltung vom Ende des 19. Jahrhunderts. Dabei wurden dunkelhäutige Menschen – auch in Basel – zur Volksbelustigung in Käfigen ausgestellt.

Jeder Zuschauer solle sich zu dem provokativen Sujet eigene Gedanken machen, sagt Bebbi-Obmann Guy Macquat. «Ich hoffe, es wird richtig verstanden – und wir werden nicht in die falsche Ecke gestellt.»

Die falsche Ecke wäre zu meinen, die Clique sympathisiere mit rassistischem Gedankengut. In Wahrheit beabsichtigt sie das Gegenteil: Die Basler Bebbi wollen zum Nachdenken über rassistische Stereotypen anregen. Also auch darüber, ob es noch zeitgemäss ist, wenn sich eine Fasnachtsformation heutzutage «Mohrenköpfe» oder «Negro» nennt.

Nur selten wird die Grenze überschritten

Das Beispiel zeigt, dass man mit einem heiklen Thema wie Rassismus an der Fasnacht sorgfältig umgehen kann. Pia Inderbitzin, Präsidentin des Fasnachts-Comités und damit Basels oberste Fasnächtlerin, sagt: «Es muss an der Fasnacht möglich sein, alles zu sagen, was einem unter den Nägeln brennt.» Dies müsse aber mit dem nötigen Fingerspitzengefühl geschehen. «Das beherrschen die Fasnächtler sehr gut.»

Die Narrenfreiheit sei wichtig, habe aber auch Grenzen. «Sie darf keine religiösen und ethnischen Gefühle verletzen.» Daneben dürfe sie alles sagen, was gesagt werden müsse.

Humor nicht auf Kosten von Minderheiten

Grenzen setzt der Narrenfreiheit in der Schweiz das Gesetz. Die Anti-Rassismus-Strafnorm verbietet es, Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion zu diskriminieren. Das gelte auch während der Fasnacht, sagt Alma Wiecken, Geschäftsführerin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus.

Zur Fasnacht gehöre sicher eine gewisse Narrenfreiheit, mit der die Grenzen von Humor und Satire ausgelotet werden. «Doch das muss nicht auf Kosten einer Minderheit passieren.» Traditionell sei die Fasnacht oftmals dazu benutzt worden, um an der Obrigkeit derbe Kritik zu üben – und nicht besonders verletzliche oder exponierte Gruppen herabzusetzen.

Bisher wurden in der Schweiz erst einmal Fasnächtler wegen eines Verstosses gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm verurteilt – 1997 für antisemitische Verse in einer Fasnachtszeitung im Kanton Zürich.

Die Verantwortlichen der Basler Fasnacht hoffen, dass so etwas bei ihnen nicht passiert.

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