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Rechtsradikalismus Junge Neonazis auf dem Vormarsch

  • Junge Neonazis in der Schweiz haben die neue Gruppe «Junge Tat» gegründet.
  • Offiziell geht es vor allem um Körperertüchtigung und Naturverbundenheit.
  • Einzelne Mitglieder äussern sich antisemitisch und rassistisch. Die Polizei ist ihnen auf der Spur.

Das Gelände von SRF, kurz nach Mitternacht. Eine Überwachungskamera zeigt, wie drei Männer durch den Hof gehen und sich umsehen. Auf der Brücke vor dem Eingang kommen ihnen drei Kumpane entgegen, sie tragen einen Fernseher. Die jungen Männer ziehen Sturmhauben über ihre Köpfe, einer filmt sie mit seinem Handy. Ein anderer holt einen Hammer, zertrümmert den Fernseher.

Wenige Tage später erscheint das Video auf der Telegramm-Seite der neu gegründeten Gruppe «Junge Tat». Vereint darin sind ein Dutzend Rechtsradikale aus dem Raum Winterthur und Schwyz. Ihre Filme und Botschaften werden bis 30'000 Mal aufgerufen.

Angst vor Blutbad

Die «Rundschau» hat die Köpfe in dieser Neonazi-Gruppe ausgemacht. Unter ihnen Manuel C., der von der Hochschule der Künste Zürich (ZHdK) geflogen ist, weil er dort rechtsradikales Gedankengut verbreitet hat. Nachdem die Polizei bei einer Razzia bei ihm mehrere Schusswaffen gefunden hatte, fürchteten viele Studierende an der ZHdK einen Amoklauf mit Blutbad. Zweitausend unterschrieben eine Petition für eine Exmatrikulation.

Oder Andy S., auch Mitglied der gewaltbereiten Nazi-Gruppe «Blood & Honour», die in Deutschland verboten ist. Im Schiesskeller Hagerbach in Flums filmen ihn seine Gesinnungsfreunde beim Schiessen. «Das dulden wir nicht, dieser Mann ist ab sofort gesperrt», sagt der Betreiber Patrick Müller.

Schweizer und Deutsche vernetzt

Die «Junge Tat» ist ein Zusammenschluss der aufgelösten Eisenjugend und der Nationalen Jugend Schweiz. Sie steht in Verbindung mit der Jungen Revolution in Deutschland.

T-Shirts und Sturmhauben der «Jungen Tat» kommen per Post aus Thüringen in Ostdeutschland. Absender ist Sunny K., ein 20-jähriger Neonazi, der gegen die angebliche Dekadenz der westlichen Kultur kämpft. Erst vor einem Monat hat ein Trupp von zwanzig Polizisten sein Haus auf den Kopf gestellt. Der Vorwurf: Anstiftung zur Volksverhetzung.

Die «Junge Tat»ist der jugendliche Ableger der Nationalen Aktionsfront. Die geistige Führerschaft haben die Organisationen «Blood & Honour» und «Combat 18».

Kurzlebige Zusammenschlüsse

«Die ‹Junge Tat› steht für die Zersplitterung der rechtsradikalen Gruppierungen», sagt Extremismus-Forscher Damir Skenderovic von der Uni Freiburg. «Viele dieser Kleingruppen lösen sich schnell auf, um sich danach neu zu bilden, zum Teil mit denselben Mitgliedern. Nur der Name wechselt. Das Ziel: Die Beobachter sollen die Übersicht verlieren.»

SRF Rundschau, 07.04.2021, 20:05 Uhr

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