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Rücktrittsforderung per Klick «Auf einen Politiker loszugehen entspricht nicht unserer Kultur»

Rund 13'000 Personen haben eine Petition unterschrieben, die den Rücktritt des Genfer Regierungsrats Pierre Maudet fordert. Innerhalb einer Woche hat die Petition Fahrt aufgenommen, die Zahl steigt im Minutentakt. Politikberater Mark Balsiger schliesst im Fall Maudet Mehrfachunterschriften nicht aus. Er kann sich für die Zukunft vorstellen, dass Petitionen auch bei den eidgenössischen Wahlen 2019 zum Einsatz kommen könnten.

Mark Balsiger

Politikberater und Buchautor

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Mark Balsiger studierte an den Universitäten Bern und Cardiff Politologie, Geschichte und Journalistik. Seit 2002 führt er die Agentur Border Crossing in Bern, die auf Politikberatung und Öffentlichkeitsarbeit spezialisiert ist.

SRF News: Tausende Personen verlangen online den Rücktritt eines Politikers. Hat es das schon mal gegeben?

Mark Balsiger: In der Schweiz hat es das noch nie gegeben. Die Plattformen sind einerseits jung, in der Schweiz beobachten wir sie erst seit ungefähr zwei Jahren. Und ganz direkt auf einen Politiker loszugehen, entspricht nicht unserer Kultur. Das funktioniert auch nur dann, wenn das Thema die Empörung bewirtschaften kann. Solche Plattformen möchten im Moment, in dem etwas sehr virulent diskutiert wird, Einfluss nehmen.

Und diese Empörung scheint effektiv da zu sein. Aber wie seriös sind die Zahlen?

Wir müssen Vorbehalte haben. Ich habe mich heute Morgen mit meinem echten Namen eingetragen, aber auch mit dem Pseudonym Hugo Hugentobler und einer zweiten E-Mail-Adresse. Das hat problemlos funktioniert. Es kann also sein, dass solche Mehrfachunterschriften im grossen Stil gemacht werden und die Zahl so künstlich nach oben gedrückt wird. Damit verliert die Petition natürlich an Glaubwürdigkeit. Gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass diese Plattformen Geld verdienen möchten. Und das funktioniert über Reichweite.

Kann diese Petition den Druck auf Pierre Maudet erhöhen?

Nur schon die Tatsache, dass jetzt auch etablierte Medien wie SRF darüber berichten, gibt der Geschichte eine ganz andere Bedeutung. Ich vergleiche das auch mit den Kommentaren in Online-Foren. Da wird immer – zu Recht – behauptet, das sei auf einem lamentablen Niveau. Aber die Journalistinnen und Journalisten wie auch die Leser nehmen diese Kommentare sehr wohl wahr. Es wird Teil des Ganzen. Und deswegen kann die Petition durchaus den Druck auf Maudet erhöhen.

Die Hoffnung ist, das sich die Leute echt engagieren und nicht nur irgendwo eine E-Mail-Adresse hinterlassen.

Wenn wir noch einen Blick in die Zukunft wagen: Könnte sich die Online-Petition als ernstzunehmendes Druckmittel etablieren?

Ich glaube, das wird insbesondere im nächsten Jahr bei den eidgenössischen Wahlen regelmässig gebraucht. Und da kommt es darauf an, wie seriös es betrieben wird. Wenn man quasi die Partizipation delegiert – ich nenne das die «Klick-und-Like-Demokratie» –, dann verliert man ein Stück Demokratie. Die Hoffnung ist aber da, dass man die Graswurzeln erwischt und die Leute dauerhaft elektrisiert werden, sich auch echt engagieren und nicht nur irgendwo eine E-Mail-Adresse hinterlassen oder ein Like drücken.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

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