Durchschnittlich hat die SBB im letzten Jahr 967'000 Passagiere pro Tag befördert. Das sind rund 10'000 Personen weniger als 2011. Da die SBB-Kunden auch weniger weit reisten als im Vorjahr, ging die Zahl der gefahrenen Personenkilometer um 1,2 Prozent auf 17'545 Millionen zurück.
Rückgang beim nationalen Fernverkehr
Beim Regionalverkehr wurde ein Wachstum von 1,6 Prozent verzeichnet, während beim nationalen Fernverkehr ein Rückgang um 2,1 Prozent verbucht wurde. Der internationale Personenverkehr wuchs dagegen um rund 6 Prozent bei den Personenkilometern. Hier stechen insbesondere die Strecken Zürich-Paris und Zürich-Frankfurt heraus.
SBB-Chef Andreas Meyer begründete den Rückgang der Passagierzahlen vor den Medien vor allem mit den Einbussen bei den Ausflüglern. Eine spürbare Reaktion auf die Billettpreis-Erhöhung im letzten Dezember gebe es aber nicht.
Gygi: Insgesamt nicht alarmierend
SBB-Präsident Ulrich Gigy seinerseits sagte gegenüber Radio SRF, der Rückgang sei vor allem darauf zurückzuführen, dass 2012 keine neuen Angebote in Betrieb genommen worden seien. Das werde in Zukunft anders sein. Gygi erwähnt in diesem Zusammenhang die Zürcher Durchmesserlinie.
Auch sei die Konjunktur nicht allzu gut gewesen und der Freizeitverkehr habe etwas abgenommen. Gygi: «Insgesamt erachte ich dies aber nicht als alarmierend.»
Kritiker widersprechen
Der VR-Präsident weist weiter darauf hin, dass Tariferhöhungen «einen eher negativen Effekt» hätten. Auch in Zukunft werde Bahnfahren teurer, denn ein Teil der Mehrkosten durch den anstehenden Ausbau würden die Bahnkunden übernehmen müssen, so Gygi weiter. Zudem nehme die Qualität der Bahn zu. Auch deshalb müssten die Bahnfahrer einen höheren Beitrag leisten.
Weit dezidierter in diese Kerbe schlagen die Gewerkschaft SEV, ferner der Verkehrsclub Schweiz VCS sowie der Interessensverband Pro Bahn Schweiz.
Für den VCS-Mediensprecher Gerghard Tubandt steht fest, dass die abnehmenden Zahlen weniger der schlechten Konjunktur, als dem Preismanagement der Bahn anzulasten seien. Für ihn sind sinkende Passagierzahlen eine Folge der «übermässigen Verteuerung des Bahnfahrens», wie er in der SRF Tagesschau erklärt.
Für den Rückgang im internationalen Verkehr ortet der Zentralpräsident von Pro Bahn Schweiz, Edwin Dutler, analog Versäumnisse im Ausbau des für den Auslandeinsatz vorgesehenen Rollmaterials.
Und letztlich wirft die Gewerkschaft SEV der SBB vor, ihre Prioritäten einseitig auf das wirtschaftliche Ergebnis ausgerichtet zu haben. Als öffentlich finanziertes Unternehmen solle sich die SBB nicht am Gewinn orientieren, sondern an der Qualität der Leistung, schreibt die Gewerkschaft des Verkehrspersonals in ihrem Communiqué. Neben Sicherheit und Pünktlichkeit gehöre auch die Personalzufriedenheit dazu.
Konjunktur setzt Cargo zu
Kein Lichtblick für die SBB bleibt der Güterverkehr: Insgesamt transportierte SBB Cargo im letzten Jahr täglich rund 175'000 Tonnen Güter, das sind 20'000 Tonnen weniger als im Vorjahr.
Auch diesen Rückgang begründet die SBB mit der europaweiten Konjunkturschwäche sowie dem Abbau von Industriekapazitäten in der Schweiz, namentlich in der Papier- und Metallindustrie.
Konzern dennoch gut unterwegs
Trotz dem leichten Passagierrückgang und dem Schwächeln im Güterverkehr ist das Konzernergebnis deutlich gestiegen. Es kletterte wegen einmaliger Effekte und der Auflösung von Rückstellungen um 83,8 Millionen auf 422,5 Millionen Franken. Die verzinslichen Schulden konnten gesenkt werden, verharren aber weiterhin auf hohem Niveau.