SRF: Wie kam es dazu, dass Sie einen Impfstoff gegen Ebola entwickelt haben?
Riccardo Cortese: Wir haben einen neuen Weg gefunden, Vakzine (Anm. d. Red.: «Impfstoffe») zu entwickeln. Wir hatten zunächst diverse Krankheiten im Visier, Malaria, HIV, Hetapitis C – und eben Ebola. Es war Teil einer generellen Strategie. Wir wussten, dass unser Impfstoff die Krankheit bekämpfen könnte . Aber es war eine grosse Herausforderung, denn Ebola ist ein sehr aggressives Virus.
Was ist das Besondere an ihrem Impfstoff?
Er tut zwei Dinge. Zunächst macht er das, was jedes Vakzin tut: Es stimuliert Antikörper im Immunsystem. Dann tut es aber etwas, das nur wenige Impfstösse machen: Es stimuliert einen anderen Teil der körpereigenen Abwehr, natürliche Killerzellen, die infizierte Zellen angreifen und eliminieren. Die Kombination aus beidem macht den Impfstoff zu einer mächtigen Technologie.
Warum gelang der Durchbruch so schnell?
Der Grund dafür ist die riesige Tragödie, die sich in Afrika vollzieht. Vor dem Ebola-Ausbruch ging die Entwicklung viel langsamer von statten. Es herrschte keine Dringlichkeit, wir nahmen uns Zeit. Jetzt haben die dramatischen Umstände dazu geführt, dass wir die Prozesse beschleunigen konnten.
Wir sind unter enormen Druck. Dadurch konnte das Vakzin innerhalb von zwei Tagen in den Test-Pool gelangen – normalerweise braucht es ein Jahr dafür. Wir versuchen die Entwicklung eines Impfstoffes zehn Mal schneller zu realisieren, als es normalerweise nötig ist.
Können Sie die ganze betroffene Region beliefern?
Es ist noch unklar, wie viele Dosen nötig sein werden. Es werden sicher Millionen sein. Wir haben unsere Produktion hochgefahren, bis Ende 2015 werden wir nahe bei einer Million sein. Wir haben Okairos an Glaxo (siehe Kasten) verkauft. Sie gaben uns den Auftrag, ein Vakzin zu entwickeln – und das haben wir getan. Der Impfstoff, der heute in der Schweiz verwendet wird, kommt aus unserer Niederlassung in Rom.
Glauben Sie, dass ihr Impfstoff wirken wird?
Das wissen wir erst, wenn wir ihn im Feld, unter realen Bedingungen in der betroffenen Region, testen können. Dafür braucht es im Minimum einige Monate Zeit. Grundsätzlich bin ich optimistisch, ich wüsste nicht, warum es nicht funktionieren sollte. Aber es wurde noch nie vorher gemacht.
Sind Sie stolz?
Ich bin zufrieden, ja. Aber ich bin viel eher besorgt als stolz. Weil ich hoffe, dass der Impfstoff auch in Afrika wirkt, das wäre ungemein wichtig. Bislang haben wir lediglich den Beweis, dass das Vakzin bei Affen wirkt.
Was gedenken Sie künftig zu tun, was sind ihre Ziele?
Nach dem Verkauf von Okairos werde ich nun eine neue Firma gründen, und weiter das tun, worin ich gut bin. Wir wollen einen Weg finden, Krebsarten zu heilen. Wir pflegen exzellente Beziehungen zu den Basler Pharmaunternehmen. Novartis hat uns auch schon früher finanziell unterstützt. Und sie werden es wahrscheinlich auch bei meiner neuen Firma tun. Wir wollen in den nächsten Wochen einen Deal abschliessen.
Warum haben Sie Okairos damals nicht an Novartis verkauft?
Wir haben uns für das attraktivste Angebot entschieden, und das hat uns Glaxo gemacht. Aber Basel ist der richtige Ort, wenn man ein Biotechunternehmen starten will. Wir geniessen viel Unterstützung von hiesigen Pharma-Unternehmen, unsere ganze Strategie haben wir in Basel entworfen.
Das Interview führte Tobias Bossard.