Nach seiner Pensionierung zog es einen heute 75-jährigen Berner nach Kenia. Es sei schon immer sein Wunsch gewesen, in ein anderes Land zu ziehen, erzählt der ehemalige Strassenbau-Polier im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».
Ein fataler Ratschlag
Die Auswanderung erfolgte im Jahr 2012. Davor galt es noch diverse Abklärungen vorzunehmen. So ging der Rentner unter anderem bei einer Filiale seiner Krankenkasse, der Groupe Mutuel, vorbei. Dort habe er sich erkundigt, ob er etwas ändern müsse. «Der Berater hat mir gesagt, ich solle so weiterfahren wie bis jetzt.» Ein fataler Ratschlag, wie sich herausstellen sollte.
Im Frühling dieses Jahres erhielt der Auswanderer von den Ärzten in Kenia eine Hiobsbotschaft: Bei ihm wurde Prostata-Krebs diagnostiziert. Der Rentner zieht es vor, sich in der Schweiz behandeln zu lassen. Eine Behandlung, die mehrere 10’000 Franken kosten dürfte. Seine Familie meldet sich bei der Krankenkasse, um die Operation anzumelden.
Doch die Groupe Mutuel zeigt dem langjährigen Kunden die kalte Schulter, schlimmer noch: Sie löse den Vertrag mit dem Auswanderer auf, teilt sie ihm mit, und zwar rückwirkend per 2012 – das Jahr, in dem er ausgewandert war. Er kann es nicht fassen: «Ich habe doch jahrelang anstandslos meine Prämien bezahlt.»
Groupe Mutuel: «Konnten gar nicht anders handeln»
«Espresso» fragt nach. Die Medienstelle stösst auf die Ursache des Problems. Eine Schweizer Krankenversicherung darf laut Gesetz keine Schweizer, die in einem Land ausserhalb der EU leben, versichern. «Wir konnten also gar nicht anders handeln und waren verpflichtet, den Vertrag rückwirkend aufzulösen.»
Nun wurde das dem Kunden aber nicht gesagt, als er sich vor dem Auswandern bei der Krankenkasse erkundigte. Man könne das nicht mehr überprüfen, schreibt die Groupe Mutuel. Aber man gehe von einem Missverständnis aus. Tatsächlich habe man erst im Juni 2020 realisiert, dass der Mann ausgewandert sei. Und zwar als sich die Familie wegen der Krebsbehandlung gemeldet habe. Davor seien die Korrespondenz und die Zahlungen stets über die Schweizer Adresse der Tochter des Kunden gelaufen.
Interessante Links:
Prämien zurückzahlen und Beiträge zurückfordern
Die Groupe Mutuel habe in diesem Fall korrekt gehandelt, das bescheinigen ihr sowohl der Sozialversicherungsexperte Ueli Kieser als auch die Auslandschweizer-Organisation. Kieser weist aber auch darauf hin, dass die Krankenkasse unter diesen Umständen dazu verpflichtet sei, dem Kunden rückwirkend die einbezahlten Prämien zurückzuzahlen. Aber sie könne auch die bereits beglichenen Behandlungskosten zurückfordern. Dies aber nur über einen Zeitraum von maximal fünf Jahren.
Im vorliegenden Fall sind diese Kosten minim. Auch sonst dürfte die Geschichte für den krebskranken Senior – von diesem Aspekt aus betrachtet – glimpflich ausgehen: Er hat seinen Wohnsitz nämlich kürzlich wieder in die Schweiz verlegt. Und die Groupe Mutuel hat mit ihm einen neuen Vertrag abgeschlossen. Das heisst, die anstehende Behandlung ist versichert. Immerhin.