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Session «Arena»: Energiestrategie 2050 – überfällig oder übertrieben?

Weniger Energie verbrauchen, mehr erneuerbare Energiequellen erschliessen und langfristig Schluss mit Atomstrom – das hat der Nationalrat in der Wintersession beschlossen. Was bedeutet das nun für Konsumenten und die Schweizer Wirtschaft?

Liniendiagramm Energieverbrauch.
Legende: Energieverbrauch Schweiz pro Person zwischen 1990 und 2013. BFS/SRF

Der Nationalrat hat mit der «Energiestrategie 2050» beschlossen, Gelder in Milliardenhöhe für erneuerbare Energien einzusetzen. Zudem soll das ganze Land bis 2035 fast die Hälfte weniger Energie verbrauchen als bisher. Neue Atomkraftwerke sollen verboten und langfristig durch erneuerbare Energie ersetzt werden. Darum soll die Nutzung erneuerbarer Energien zum nationalen Interesse erklärt werden. Auch Gebäude, Fahrzeuge und Geräte sollen sparsamer werden.

Hauptziel: Energieverbrauch verringern

Mehr effiziente Energienutzung ist die Stossrichtung der Energiestrategie 2050. Wo kann aber konkret in Zukunft Energie gespart werden? Vom Verbrauchsziel, 2035 weniger als 20'000 kWh Energie zu verbrauchen, ist man schon heute weit entfernt (Grafik).

Für Christian Wasserfallen (FDP.Liberale/ BE) ist dies nicht realistisch. Das Ganze habe das Wort «Strategie» nicht verdient. «Man hat sehr ambitionierte Ziele und viele Massnahmen, die aber diese Zielsetzung nicht erreichen. Und zudem fehlt die Überlegung, wer am Schluss die Rechnung bezahlt.»

Für Jürg Grossen (GLP/BE) sind die Ziele überhaupt nicht ambitioniert. Die Strategie sei ausgerichtet auf eine moderne Zukunft. «Wir verlieren einen Grossteil der Energie beim Heizen wegen schlecht isolierten Gebäudehüllen und wegen der ineffizienten Nutzung von elektrischen Geräten.» Mit intelligenten Massnahmen könnte massiv Energie gespart werden.

Auch für Hans Killer (SVP/AG) ist dies keine Strategie, sondern eine Aufzählungen von verschiedenen, leider weitgehend unrealistischen Zielen. «Dazu gehört die Festsetzung von absoluten Verbrauchszahlen für Geräte – das führt in einen staatlichen Dirigismus; alles ist vorgeschrieben.» In der Konsequenz wird es teuer für alle.

Roger Nordmann (SP/VD) weist darauf hin, dass 70 Prozent der Energie, die auf der Grafik zu sehen ist, auf Erdgas oder Erdöl zurückgeht: «Das ist alles importiert. Die nun beschlossene Strategie ist vor allem ein Effizienzprogramm gegen die Verschwendung.» Dazu gehöre vor allem die Gebäudesanierung und der effizientere Energieverbrauch vor allem bei Fahrzeugen. «Wir schützen uns vor Energieknappheit, in dem wir ein Fitnessprogramm für die ganze Schweiz machen.»

Energie sparen bei Autos

Beim effizienteren Energieverbrauch stehen vor allem Autos im Vordergrund. Neuwagen dürfen in Zukunft nur noch deutlich weniger CO2 ausstossen als heute. Wer in Zukunft ein Auto fahren will, das CO2 über dem Grenzwert emittiert, wird mehr bezahlen müssen, erklärt Grossen.

Wasserfallen kritisiert beim ersten beschlossenen Massnahmenpaket, dass der Weg dorthin unbekannt sei. Beim Gesamtenergieverbrauch wolle man zurück auf das Niveau der 1960er-Jahre, das sei unrealistisch.

Grossen sieht darin kein Problem, schliesslich hätten in den 60ern Autos auch bis zu 16 Litern verbraucht und heute seien es noch 3 bis 4 Liter oder mit Hybrid-Antrieb noch weniger. «Wir sind doch effizienter geworden.»

Energiesparen dank Gebäudesanierung

Durch bessere Wärmeisolierung bei Gebäuden kann sehr viel Energie eingespart werden. Killer gibt aber zu bedenken, dass mit der Energiestrategie die Erneuerungsquote von rund einem Prozent der Gebäude pro Jahr in der Schweiz nun verdoppelt oder gar verdreifacht werden soll. Dafür sollen Subventionen ausgeschüttet werden, die aus der CO2-Abgabe stammen. «Nur fehlen zum Erreichen von diesem Energieziel auch die nötigen Fachleute in der Schweiz.»

Nordmann ist erstaunt, dass das Schweizer Gewerbe unterschätzt wird. Die Gebäudesanierungsprogramme wurden schrittweise seit 2010 eingeführt und die Emissionskurve beim C02 geht runter. «Es wurden auch Steuerabzüge eingeführt, die bewirken, dass die Leute Gebäude sanieren, wenn die Isolierungsnormen eingehalten werden.»

Wasserfallen hält aber dagegen, dass über 60 Prozent der Schweizer Mieter seien, die nicht selber eine Sanierung vornehmen können. Nordmann bestätigt, dass Mieter kaum Einfluss etwa auf die Heiz- und Nebenkostenrechnung haben. Trotzdem müssten die Mieter die Hausbesitzer zu Sanierungen drängen.

Schweizerkarte mit Atomkraftwerken.
Legende: Baujahr und geplante oder beschlossene Abschaltjahre für die Schweizer Atomkraftwerke. SRF

Ausstieg aus der Atomenergie?

Mit der Energiestrategie werden in der Schweiz keine neuen Atomkraftwerke mehr gebaut. Das bestehende AKW Mühleberg wird 2019 abgeschaltet. Die AKW Beznau I und II laufen noch bis 2030. Für Gösgen und Leibstadt ist kein Abschaltdatum bestimmt. Ist die im Parlament verabschiedete Energiestrategie nun ein Ausstieg aus der Atomkraft in der Schweiz?

«Nicht ganz, aber es ist ein erster Schritt», sagt Roger Nordmann, denn es konnten nicht alle Parteien ihre Maximalforderung einbringen. Aber die Richtung in einen Atomausstieg stimmt

Auch für Christian Wasserfallen ist die beschlossene Energiestrategie kein Ausstieg aus der Atomenergie. Er gibt auch zu Bedenken, dass die Abschaltung von Mühleberg von der Betreibergesellschaft BKW entschieden wurde. Und das ohne einen Buchstaben im Gesetz zu ändern.

Jürg Grossen bedauert, dass kein Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen wurde. Darum unterstütze die GLP auch die Atom-Ausstiegsinitiative der Grünen Partei, die verlangt, dass kein AKW länger als 45 Jahre in Betrieb bleibt. Schliesslich müsse auch noch der Ständerat die Energiestrategie beraten.

In der «Arena» diskutieren

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Jürg Grossen, Nationalrat GLP/BE

Hans Killer, Nationalrat SVP/AG

Roger Nordmann, Nationalrat SP/VD, Vizepräsident VCS Schweiz

Christian Wasserfallen, Vizepräsident und Nationalrat (BE) FDP.Liberale

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