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Session Das ungeschriebene Gesetz

Sollen die neuen Parlamentarier gleich zu Beginn in die Offensive gehen – oder sich diskret im Hintergrund halten? Diese Frage ist unter der Bundeshaus-Kuppel umstritten. Und: Es ist bei weitem nicht die einzige Verhaltensregel, die es für die «Frischlinge» zu beherzigen gilt.

Mehr als 20 Nationalräte standen am Dienstag bei der Debatte zur «Grünen Wirtschaft» auf der Rednerliste – darunter auch zwei «Frischlinge»: Laurence Fehlmann Rielle (SP/GE) und Lisa Mazzone (Grüne/GE). Für Letztere war es nicht der erste Auftritt vor dem Plenum. Als jüngste Neugewählte hatte Mazzone die Ehre, bei der Legislatur-Eröffnung eine Ansprache zu halten.

Die junge Nationalrätin Lisa Mazzone am Rednerpult.
Legende: Lisa Mazzone bei ihrer Rede zur Eröffnung der 50. Legislatur. Keystone

Doch dass sich Neu-Parlamentarier so rasch ans Rednerpult wagen, ist beileibe keine Selbstverständlichkeit. «Es existiert tatsächlich das ungeschriebene Gesetz, dass sich die Neugewählten in der ersten Session zurückhalten», sagt SRF-Bundeshausredaktor Philipp Burkhardt.

In der kleinen Kammer scheint dies unumstösslich. So habe ihm Neu-Ständerat Damian Müller (FDP/LU) beim Interview erzählt, seine Parteikollegen hätten ihm eingebläut, er solle sich bloss noch nicht zu Wort melden. «Bis vor ein paar Jahren galt dasselbe auch im Nationalrat», weiss Burkhardt. «Heute wird es dort aber weniger strikt gehandhabt.»

Gotte und Götti als weise Helfer

Regula Rytz, Nationalrätin und Co-Präsidentin der Grünen, begrüsst es durchaus, wenn sich die Neuen aktiv beteiligen und motiviert diese gar dazu. «Wir sind eine kleine Partei, da kommt es auf jeden an.» Deshalb exponierten sich die einzelnen Parlamentsmitglieder automatisch mehr. Um den Neuen den Einstieg im Bundeshaus zu erleichtern, setzen die Grünen – wie auch andere Fraktionen – auf ein Gotte-Götti-System. Schützling von Rytz ist beispielsweise Sibel Arslan (Alternative/BS). Sie habe ihr unter anderem geraten, sich leidenschaftlich in die Dossiers zu stürzen, um schnell stichhaltige Argumente zu haben, sagt Rytz. «Wer sachlich sattelfest ist, wird auch als Minderheit gehört.»

Die erste Session ist zum Lernen da.
Autor: Thierry Burkart Nationalrat (FDP/AG)

Doch ist die Fraktion noch so klein – für den neu gewählten Duri Campell (BDP/GR) längst kein Grund, im Parlament vorzupreschen. «Wer noch keine Kommissionsarbeit hinter sich hat, lässt besser den erfahreneren Parteikollegen den Vortritt.» Alles andere empfinde er als anmassend. Ähnlich sieht dies Thierry Burkart (FDP/AG). «Die erste Session ist zum Lernen da.» Er habe sich auch bei der ersten Fraktionssitzung ganz bewusst nicht zu Wort gemeldet. Ohne jeglichen Druck von aussen, wie er betont. «Für mich ist das eine Frage des Anstands.»

Offensiv oder zurückhaltend? Bei der Schweizerischen Volkspartei gibt es dazu ebenfalls keine verbindlichen Vorgaben, wie Barbara Keller-Inhelder (SVP/SG) erklärt. «Allerdings fände ich es unverfroren, gleich in den ersten Tagen das Wort an mich zu reissen.» Themen, zu denen sie sich gern äussern würde, gebe es indes einige, etwa die Wiedereinführung der Grenzkontrollen, über die in der zweiten Sessionswoche beraten wird. «Inhaltlich wäre ich auf jeden Fall bereit», sagt Keller-Inhelder. «Aber das sind andere Leute aus meiner Partei auch.» Nicht zuletzt sei es eine Frage der Effizienz. «Wenn sich bei einer Debatte schon zwei Dutzend Redner angemeldet haben, muss ich mich nicht auch noch aufdrängen.»

Audio
Neu im eidgenössischen Parlament
aus Echo der Zeit vom 01.12.2015. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 4 Sekunden.

Bloss keine Elektronik im Ständerat

Andere Verhaltenskodizes sind geradezu unantastbar, will man es sich als Neu-Parlamentarier nicht gleich komplett verscherzen: Etwa nicht schon in der ersten Session gegen seine eigene Fraktion zu stimmen.

Grundsätzlich betrachtet gelten in der kleinen Kammer strengere Regeln. Dort ist es beispielsweise tabu, elektronische Geräte wie Handys oder Laptops in den Saal zu bringen. Damit setze man ein klares Zeichen, sagt SRF-Bundeshausredaktor Burkhardt. «Im Ständerat gilt die Devise: Man hört einander zu.» Dies solle gehaltvollere Debatten ermöglichen – ohne Ablenkung durch elektronische Gadgets.

Im Ständerat gilt die Devise: Man hört einander zu.
Autor: Philipp Burkhardt SRF-Bundeshausredaktor

Und dann wäre da noch die Kleiderfrage, die selbstverständlich für Neu und Alt gleichermassen besteht. «Das Geschäftsreglement enthält keine ausdrückliche Bekleidungsvorschrift für Nationalrats-Mitglieder» steht zwar diesbezüglich im Leitfaden der Bundesversammlung. Jedoch: «Eine der Würde des Rates nicht angemessene Kleidung könnte als störendes Verhalten ausgelegt werden.» Es läge dann an der Präsidentin, «das Ratsmitglied zur Ordnung zu rufen».

Paul Rechsteiner spricht im Ständeratssaal.
Legende: In der kleinen Kammer nur mit Krawatte: Paul Rechsteiner (SP/SG). Keystone

Für Ständerätinnen und Ständeräte sieht das Geschäftsreglement «eine schickliche Kleidung» vor. Bei den Damen wird dies nicht näher definiert. Für die Herren bedeutet es Anzug mit Krawatte oder Fliege. Ein Grundsatz, der allseits respektiert werde, so Burkhardt. «Selbst SP-Ständerat Paul Rechsteiner, der privat wohl nur selten eine Krawatte umbindet, hält sich daran.»

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