Der Kindesschutz ist in den Kantonen höchst unterschiedlich geregelt und die Frage der Kindeswohlgefährdung sehr breit gestaltet. Die zur Diskussion stehende Vorlage zielt auf eine Harmonisierung auf nationaler Ebene ab. Sie soll nicht nur den Schutz des Kindeswohls verstärken, sondern auch die Rechtssicherheit für Verantwortungsträger – mit einem Melderecht auch für Berufsgeheimnisträger und einer Meldepflicht für Fachpersonen, die keinem Berufsgeheimnis unterstehen.
Dringend notwendig, unnötig und nur ein Freipass für Denunziantentum? In der Eintretensdebatte gingen die Wogen hoch.
Die Gegner der Vorlage obsiegten schliesslich mit 96 gegen 88 Stimmen bei zwei Enthaltungen, womit die Vorlage unbehandelt an den Ständerat weitergereicht wird.
«Verwirrende Vielfalt»
Die Vielfalt der kantonalen Regelungen seien sehr verwirrend, stellte Justizministerin Simonetta Sommaruga fest. Als Beispiel nannte sie unter anderem die Ärztin aus Genf, die an einem Spital in der Waadt arbeitet und mit einem entsprechenden Fall konfrontiert ist: «Föderalismus ist wenn immer möglich eine gute Sache. Wenn es aber darum geht, die Misshandlung von Kindern zu verhindern, braucht es klare Regeln.»
Schwander. «Es braucht halt Zivilcourage»
Pirmin Schwander (SVP/SZ) machte deutlich, dass den Kindern bereits genug Vertrauenspersonen zur Verfügung stünden. Dies sei schon der Fall, wenn ein Kind zu einer Ärztin komme. Schwander apppellierte zugleich an den «Zivilvcourage», bei einem Misstand nicht wegzuschauen.
Natalie Rickli (SVP/ZH) las der Bundesrätin Artikel 219 des Strafgesetzbuchs über die Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflichten vor. «Das reicht, alle betroffenen Leute sind abgedeckt.» Sommaruga erwiderte: «Ich sehe nicht ein, warum Berufsgeheimnisträger warten müssen, bis eine Straftrat erfolgt ist.»