Der Nationalrat will die Nutzung von erneuerbaren Energien zum nationalen Interesse erklären und folgt damit einem Vorschlag des Bundesrats in der Energiestrategie 2050. Damit wäre eine Güterabwägung möglich, wenn es um den Bau von Anlagen in Landschaften von nationaler Bedeutung geht.
Die Vertreterinnen und Vertreter von SP und Grünen argumentierten vergeblich, dieser Schritt sei nicht nötig. Schutzgebiete verhinderten die Energiewende nicht, denn der Grossteil der Landesfläche befinde sich nicht in einem Schutzgebiet.
Der Schutz der Landschaften von nationaler Bedeutung sei schon heute ausgesprochen schwach, machte Silva Semadeni (SP/GR) geltend. Auch mit den heutigen Bestimmungen könnten dort Anlagen gebaut werden. Die neue Bestimmung führe lediglich zu unnötigen Konflikten und Verzögerungen.
Die Vertreter der bürgerlichen Parteien warfen SP und Grünen vor, den Preis für die Energiewende nicht bezahlen zu wollen.
Leuthard: Ohne Konzessionen keine Energiewende
«Hier muss ich schon an die Linke appellieren», sagte auch Energieministerin Doris Leuthard. Wenn man erneuerbare Energien fördern wolle, müsse man auch «B» sagen. Die Bestimmung sei für die Umweltorganisationen gut, könnten sie doch Kompensationen verlangen, wenn eine Anlage in einem Schutzgebiet gebaut werde. So gebe es weniger Konflikte.
Es sei wichtig, einen Ausgleich zu finden zwischen den Interessen an der Energieversorgung und jenen des Natur-, Heimat-, und Landschaftsschutzes, stellte Leuthard weiter fest.
Die Energieversorgung würde nach ihren Worten mit der neuen Bestimmung nicht über den anderen Interessen stehen, sondern lediglich auf gleicher Stufe. Es gebe keinen Grund zu sagen, Landschaftsschutz gehe immer vor. Der Nationalrat lehnte in der Folge den Antrag von linksgrüner Seite für eine Streichung des Artikels mit 135 zu 32 Stimmen ab.
Angriff auf Einspeisevergütung misslungen
Zur Diskussion stand auch die künftige Ausgestaltung der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV). Bei den Bestrebungen für ein marktnäheres Fördersystem wich der Rat in Einzelheiten vom bundesrätlichen Konzept ab. So sollen unter anderem Anreize geschaffen werden, damit der Strom dann eingespeist wird, wenn er am dringendsten gebraucht wird
Chancenlos blieb ein Antrag aus den Reihen von SVP und der FDP, die Einspeisevergütung abzuschaffen. Christian Wasserfallen (FDP/BE) prangerte vergeblich die indirekten Subventionen an. Je früher dieses marktwirtschaftsfeindliche System namens KEV abgeschafft werde, umso besser, unterstrich Hansjörg Knecht (SVP/AG).
«Mehr erneuerbare Energien kommen nicht von alleine», stellte Leuthard fest. Die Förderung sei nötig und das System habe sich bewährt. Fast alle Staaten hätten ein Fördersystem. Die Schweiz deckle ihres und mache damit nicht denselben Fehler wie Deutschland. Die KEV mache zudem gerade einmal zwei Prozent des Endkundenpreises aus.
Ja zur Erhöhung des Netzzuschlags
Der Nationalrat entschied zugleich, wie er die erneuerbaren Energien weiter fördern will: So sollen ganz kleine Wasserkraftwerke künftig nicht mehr finanziell unterstützt werden, um freifliessende Gewässer zu schützen. Zugleich soll es aber neu auch für den Ausbau ganz grosser Wasserkraftwerke Fördergelder geben, weil das Umfeld in dieser Branche sehr extrem hart geworden sei.
Mit 123 gegen 62 Stimmen entschied der Rat, den Aufschlag auf den Strompreis für diese Fördergelder von 1,6 auf 2,3 Rappen pro Kilowattstunde zu erhöhen. Ohne diese Erhöhung könne das Potenzial der erneuerbaren Energien in der Schweiz nicht ausgeschöpft werden, betonte Leuthard. Für einen Vierpersonenhauhalt bedeute die neue Obergrenze maximal Kosten von 100 Franken pro Jahr.
Gegen Zentralismus bei Raumplanung im Energiebereich
Auf dem Tisch lag sodann ein Antrag von Daniel Fässler (CVP/AI), wonach für die Planung des Ausbaus der erneuerbaren Energien allein die Kantone zuständig sein sollen. Der Rat hiess den Antrag mit 111 zu 78 Stimmen gut und strich entsprechend den Artikel, wonach die Kantone mit der Unterstützung des Bundes ein Konzept für den Ausbau der erneuerbaren Energien erarbeiten sollen. Folgerichtig soll der Bund auch nicht die Federführung übernehmen können, wenn drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes kein Konzept vorliegt.