Bundesratswahl: Als Ersatz für den abtretenden Aussenminister Didier Burkhalter wird ein FDP-Vertreter aus dem Tessin gewählt: Ignazio Cassis. Die vereinigte Bundesversammlung gewichtet die Zugehörigkeit zum Kanton Tessin höher als die Ausgewogenheit der Geschlechter im Bundesrat. Cassis ist Arzt. Er ist 56 Jahre alt und war zehn Jahre lang im Nationalrat. Er setzte sich im Nationalrat oft für gesundheitspolitische Themen ein. Cassis übernimmt am 1. November 2017 das Aussendepartement.
Sechs Initiativen standen in dieser Session zur Diskussion:
Rasa-Debatte: Die Initiative «Raus aus der Sackgasse! Verzicht auf Wiedereinführung von Zuwanderungskontingenten» (vom Bundesrat im April zur Ablehnung empfohlen) wurde im Nationalrat behandelt. Die Vorlage will den Zuwanderungsartikel wieder aus der Bundesverfassung streichen. Der Rat lehnte das Volksbegehren mit 125 zu 17 Stimmen bei 50 Enthaltungen ab und wollte auch von einem Gegenvorschlag nichts wissen. Es kommt nun vor den Ständerat. Die emotionsgeprägte Debatte dauerte fünf Stunden und zeigte einmal mehr deutlich, wie tief die Gräben zwischen den Bilateralen-freundlichen und den Bilateralen-feindlichen Positionen sind.
Die Würde der Kühe: Der Ständerat behandelte die Initiative «Für die Würde der landwirtschaftlichen Nutztiere» (Hornkuh-Initiative). Auch diese Initiative empfiehlt der Bundesrat dem Volk zur Ablehnung. Sie will in der Verfassung verankern, dass Halter von Tieren mit Hörnern finanziell entschädigt werden sollen, wenn sie ihren Tieren die von Natur aus gegebenen Hörner stehen lassen. Ein Enthornungsverbot verlangt das Volksbegehren nicht. Der Ständerat empfiehlt, es abzulehnen. Dies, weil die entstehenden Kosten kompensiert werden müssten und weil die Enthornung der Tiere mehr Sicherheit biete. Die Initiative kommt noch vor den Nationalrat, zum Schluss dann vors Volk.
Für den guten Appetit : Grundsätzlich befürworteten fast alle im Nationalrat die Ideen der Initiative «Für gesunde sowie umweltfreundlichen und fair hergestellte Lebensmittel» (Fair-Food-Initiative). Sie verlangt, dass importiere Lebensmittel die gleichen Umwelt- und Tierschutzbestimmungen erfüllen sollten wie einheimische Produkte. Trotzdem empfiehlt sie die grosse Kammer – wie auch der Bundesrat – zur Ablehnung. Das Volksbegehren würde zu Konflikten mit der nationalen und internationalen Handelspolitik führen und zu einem unverhältnismässigen bürokratischen Kontrollaufwand für importierte Lebens- und Futtermittel, argumentierte die Mehrheit. Bevor die Initiative vors Volk kommt, wird noch der Ständerat darüber diskutieren.
Kunstgriff zur Vermeidung neuer Finanzkrisen: Die Initiative «Für krisensicheres Geld: Geldschöpfung allein durch die Nationalbank» (Vollgeld-Initiative) will den Banken verbieten, elektronisches Geld zu schaffen. 1891 wurde den Schweizer Banken verboten, Geld zu drucken, analog wollen die Initianten auch das Monopol für elektronisches Geld der Nationalbank zuteilen. Der Bundesrat lehnt den Vorschlag des Vereins «Monetäre Modernisierung» ab. Als nächstes wird der Nationalrat darüber diskutieren, danach kommt er vors Volk.
Gegen den Einblick ins Portemonnaie: Die Initiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre» will das Bankgeheimnis in der Bundesverfassung verankern. Die Initianten wollen sicherstellen, dass im Inland kein automatischer Informationsaustausch eingeführt wird. Der Nationalrat bevorzugt einen Gegenvorschlag, der im Gegensatz zur Initiative den Steuerbehörden weiterhin ermöglichen würde, Auskünfte beim Arbeitgeber oder bei einer Versicherungsgesellschaft einzuholen. Der Ständerat hingegen hat daran festgehalten, sowohl Initiative wie auch Gegenvorschlag abzulehnen. Das Geschäft kommt deshalb in der Wintersession wieder in den Nationalrat.
Umstrittener Service public: Die Initiative «Ja zur Abschaffung der Zwangsgebühren» wurde im Nationalrat diskutiert. Es ist hauptsächlich die SRG (zu der auch diese Newsseite gehört), die durch die Gebühren finanziert wird. Es profitieren aber auch Privatradios und lokale TV-Sender. Der Ständerat und der Bundesrat lehnen das Volksbegehren ab. Auch der Nationalrat kann dem Vorschlag nichts abgewinnen. Er lehnt auch den Gegenvorschlag der SVP, die Gebühren zu halbieren, ab.
Drei weitere wichtige Geschäfte waren auf dem Programm:
Automatischer Informationsaustausch: Der Nationalrat stimmt als Erstrat der Einführung des automatischen Informationsaustausches (AIA) mit 39 weiteren Ländern zu. Geht es nach der grossen Kammer, soll der AIA mit Saudi-Arabien und mit Neuseeland vorderhand noch nicht gelten. Die SVP forderte einen generellen Marschhalt, der aber vom Rat abgelehnt wurde. Das Geschäft kommt nun in den Ständerat.
Umsetzung der Pädosexuellen-Initiative: Der Ständerat will das lebenslange Berufsverbot für verurteilte Pädo-Kriminelle, das seit Annahme der Initiative «Pädophile sollen nicht mit Kindern arbeiten dürfen» gilt, nicht aufweichen. Der Bundesrat wollte einbringen, dass das Tätigkeitsverbot für verurteilte Pädophile nach zehn Jahren neu beurteilt werden könnte. Der Ständerat war dagegen, aber er entschied sich für die sogenannte Härtefall-Klausel. Gemäss dieser soll der Richter ganz auf die Verhängung eines Tätigkeitsverbotes verzichten können, wenn es sich um einen Fall von Jugendliebe handelt.
Den Sechser im Lotto versteuern : Wer einen Jackpot von einer Million oder mehr gewinnt, muss diesen Gewinn weiterhin versteuern. Das hat das Parlament im Rahmen des neuen Geldspielgesetzes entschieden. Der Bundesrat hätte sich eine generelle Steuerbefreiung von Gewinnen gewünscht. Schweizer Casinos können künftig Geldspiele auch im Internet anbieten. Dafür werden ausländische Geldspielangebote im Internet gesperrt. Kleine Pokerturniere ausserhalb von Casinos können bewilligt werden, wenn die Anzahl der Teilnehmer begrenzt ist. Die Jungparteien der FDP und der Grünen haben gemeinsam das Referendum gegen das neue Gesetz angekündigt. Grund: die Sperrung ausländischer Seiten.