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Spielabbruch wegen Rassismus Nach Vorfall in Goldau: Hat Fussball ein Rassismusproblem?

Wie sollen Klubs auf Rassismus im Fussball reagieren? Ein Vorfall in der Zentralschweiz bringt die Frage neu aufs Tapet.

Es ist kurz nach halb zehn am vergangenen Samstagabend, als der Schiedsrichter auf der Sportanlage «Tierpark» im schwyzerischen Goldau die Rote Karte zückt. Ein Foul in der 74. Minute im 4. Liga-Spiel zwischen dem SC Goldau und dem FC Rotkreuz, Goldau liegt in Führung, doch nun liegt ein Stürmer der Rotkreuzer am Boden.

Was dann geschieht, kommt unerwartet: Ein älterer Fan des SC Goldau rennt schreiend aufs Feld, reisst sich los von einem Goldauer Spieler, der ihn zurückhalten will. «Er ging brüllend auf unseren gefoulten Stürmer los und warf ihm vor, er simuliere», sagt Alen Krizevac, Trainer des FC Rotkreuz. Der Mann habe gewaltbereit gewirkt, mehrere Goldauer Spieler hätten ihn festhalten müssen.

«Beleidigungen, die 2020 nicht mehr akzeptabel sind»

Statt tätlich zu werden, habe der Mann dann verbal ausgeteilt, sagt Krizevac: «Er hat unseren Spieler, der dunkelhäutig ist, rassistisch beschimpft. Er hat Beleidigungen gebraucht, die einfach nicht mehr akzeptabel sind im Jahr 2020.» Der gefoulte Spieler sei verängstigt gewesen, habe gezittert und Tränen in den Augen gehabt.

Trainer Krizevac und sein Rotkreuzer Team fackeln nicht lange – sie weigern sich weiterzuspielen. Dem Schiedsrichter bleibt nichts anderes übrig, als die Partie abzubrechen.

Der Verband untersucht – spricht aber von Einzelfall

Im Nachgang sind sich alle einig: Vorfälle wie jener vom Samstag sind nicht akzeptabel – auch der SC Goldau hat klargemacht, dass er rassistische Äusserungen bei seinen Fans nicht duldet. Bloss: Wie soll darauf reagiert werden?

Der Innerschweizerische Fussballverband (ISV) sieht kein grundsätzliches Rassismusproblem. Einen Fall wie diesen habe es in seiner zwölfjährigen Amtszeit noch nie gegeben, sagt Verbandspräsident Urs Dickerhof.

Er kündigt eine genaue Untersuchung an, schliesst Sanktionen nicht aus – von einer Spielsperre für den SC Goldau über Bussen bis hin zur Möglichkeit, dass der FC Rotkreuz das Spiel vom Samstag rückwirkend gewinnt. Aber: Das «Standardprozedere» genüge vollauf, sagt Dickerhof. Ein spezielles Vorgehen wegen Rassismus sei nicht nötig, da es praktisch keine rassistischen Vorfälle bei den Clubs gebe.

«Durchs Band ein Problem im Fussball»

Kein Rassismusproblem beim Fussball? Das schätzt Dina Wyler anders ein. Sie ist Geschäftsführerin der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, und sie sagt: «Es gibt da durchs Band ein Problem. Wir hören immer wieder von rassistischen Vorfällen im Sport, gerade im Fussball – von Bellinzona, über Dübendorf und Zürich bis nach Kriens.»

Betroffen seien alle Spielklassen, so Wyler, nicht unbedingt schwergewichtig die unteren Ligen. «Allenfalls ist in den unteren Ligen die Hemmschwelle etwas tiefer für rassistische Äusserungen, da weniger Leute an den Spielen sind und das Interesse der Medien geringer ist», sagt sie. Das heisse aber nicht, dass es in den oberen Ligen keine Vorfälle gebe.

Bekämpfen liessen sich diese Vorfälle, indem Verbände und Clubs dagegenhielten, sagt sie. «Die Reaktion des FC Rotkreuz vom Samstag war ein starkes Signal, ebenso dass der SC Goldau sich von seinem Fan distanziert hat», sagt Dina Wyler. Vereine und auch einzelne Sportler hätten grosses Potenzial, um die Rassismusdebatte zu beeinflussen – indem sie klar Stellung bezögen.

Regionaljournal Zentralschweiz, 5.10.2020, 17:30 Uhr

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