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Steuervorlage 17 im Ständerat «Rohdiamant» mit höflicher Empfehlung weitergereicht

  • Mit der Reform der Unternehmensbesteuerung sollen gleich auch die AHV-Finanzen aufgebessert werden. So will es die Kommission des Ständerats.
  • Glücklich ist der Ständerat nicht über den AHV-Kompromiss. Mangels Alternativen stimmt er dem Kompromiss aber mit 34:5 Stimmen klar zu.
  • Finanzminister Maurer betont die Dringlichkeit der Steuervorlage 17. Es gehe für die Schweiz um Steuersubstrat und Arbeitsplätze.
  • Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.

«Der eigentliche Angelpunkt ist der soziale Ausgleich, der die Vorlage vornimmt, und zwar über eine Teilfinanzierung der AHV», stellte Kommissionssprecher Pirmin Bischof (CVP/SO) zum Auftakt der Debatte fest.

Die vorliegende Lösung sei zwar nicht der Weisheit letzter Schluss, aber die bisher beste Lösung. Eine zusammenhängende Alternative zum vorliegenden Paket sei bisher nicht gefunden worden. Einer besseren Alternative werde man sich aber nicht verschliessen.

Die Entscheide des Ständerats zur Steuervorlage

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Die Entscheide des Ständerats zur Steuervorlage 17, die nun Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) heisst:

Steuerprivilegien: Die international nicht mehr akzeptierten Steuerprivilegien für Statusgesellschaften werden abgeschafft.

Kapitaleinlageprinzip: Börsenkotierte Unternehmen dürfen Kapitaleinlagereserven nur dann steuerfrei auszahlen, wenn sie in gleicher Höhe steuerbare Dividenden ausschütten. Ausnahmen gelten für Zahlungen innerhalb eines Konzerns und für Reserven, die im Rahmen eines Zuzugs vor Einführung des Kapitaleinlageprinzips im Jahr 2011 entstanden sind.

AHV: Die AHV erhält zusätzlich rund 2 Milliarden Franken pro Jahr. So hoch werden die Kosten des STAF geschätzt. 1,2 Milliarden tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit insgesamt 0,3 Lohnprozenten bei. Jene 17 Prozent des MWST-Demografieprozents, die heute in die Bundeskasse fliessen, gehen künftig an die AHV. Das bringt 520 Millionen Franken. Der Bundesanteil an die AHV-Ausgaben wird von 19,55 auf 20,2 Prozent erhöht, was zu Mehreinnahmen von 300 Millionen Franken führt. Der AHV-Fonds rutscht dadurch drei bis vier Jahre später in den kritischen Bereich.

Bundessteuer: Der Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer wird von 17 Prozent auf 21,2 Prozent erhöht. Das verschafft den Kantonen den Spielraum für die Senkung der Gewinnsteuersätze. Die meisten Kantone planen, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

Gemeindeklausel: Im Zusammenhang mit dem höheren Kantonsanteil müssen neu auch Städte und Gemeinden berücksichtigt werden. Diese Bestimmung hat keine rechtsverbindliche Wirkung.

Dividenden: Dividenden auf Beteiligungen von mindestens 10 Prozent werden beim Bund zu mindestens 70 Prozent besteuert, bei den Kantonen zu mindestens 50 Prozent.

Zinsabzug: Hochsteuerkantone können den Abzug eines fiktiven Zinses auf überschüssigem Eingenkapital zulassen. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Voraussichtlich profitiert davon nur der Kanton Zürich.

Forschung: Der Aufwand für Forschung und Entwicklung im Inland kann zu 150 Prozent von den Steuern abgezogen werden.

Patentbox: In der Patentbox können die Kantone Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten ermässigt besteuern. Die Entlastung darf höchstens 90 Prozent betragen.

Stille Reserven: Unternehmen, die ihren Sitz in die Schweiz verlegen, können aufgedeckte stille Reserven während 10 Jahren abschreiben. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Die stillen Reserven von Unternehmen, die ihre kantonalen Steuerprivilegien verlieren, werden gesondert besteuert.

Mindestbesteuerung: Die gesamte Entlastung durch Zinsabzug, Patentbox, Forschungsabzüge und gesonderte Besteuerung stiller Reserven ist auf 70 Prozent begrenzt.

Kapitalsteuer: Die Kantone können bei der Kapitalsteuer Erleichterungen vorsehen.

Transponierung: Wer Beteiligungen an eine Firma verkauft, die ihm selber zu mindestens 50 Prozent gehört, soll den Gewinn immer versteuern müssen. Heute ist der Verkauf von Beteiligungen unter 5 Prozent steuerfrei.

Finanzausgleich: Im Zug der STAF wird auch der Finanzausgleich zwischen den Kantonen angepasst. Geändert wird die Gewichtung der Unternehmensgewinne im Ressourcenpotenzial. Das könnte dazu führen, dass einige Kantone ressourcenstärker werden und mehr in den Finanzausgleich einzahlen müssen.

Steueranrechnung: Schweizerische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen sollen unter Umständen Quellensteuern auf Erträgen aus Drittstaaten mit einer pauschalen Steueranrechnung geltend machen können. (sda)

Fetz zieht rote Linie für die SP

«Absolut zentral für uns ist die Einschränkung der steuerfreien Auszahlung von zurückgestellten Kapitaleinlagen», erklärte Anita Fetz (SP/BS). Diese Korrektur der Unternehmenssteuerreform II habe allerhöchste Priorität und gehöre für die SP zu den roten Linien. Denn seit Einführung 2011 seien sagenhafte zwei Billionen Kapitalreserven zurückgestellt worden, was einen jährlichen Steuerausfall von durchschnittlich einer Milliarde produziert habe. «Dieser von Kommissionssprecher Bischof als Rohdiamant bezeichnete Baustein der Vorlage ist für uns der Casus Belli», betonte Fetz. Sollte also der Zweitrat diesen noch mehr abschleifen oder gar streichen, sei die die rote Linie überschritten.

Germann: Unselige Verknüpfung

Die Vorlage bringe nach der gescheiterten Unternehmenssteuerreform III (USR III) vor allem die wichtige Rechtssicherheit, betonte Hannes Germann (SVP/SH). Auch gegen den zweiten Pfeiler zugunsten der AHV werde wohl kaum jemand das Referendum ergreifen. Wenn es nun gelinge, die Vorlage zu entflechten, müsse dies der Zweitrat tun. «Ich wäre zuversichtlich, dass wir beide Vorlagen auch einzeln durchbringen ohne diese unselige Verknüpfung», erklärte Germann.

Graber: Zum Wohle der Schweiz

Zwei Drittel der zukünftigen Effekte würden die Sozialversicherungen treffen, hielt Konrad Graber (CVP/LU) fest: «Es geht ums Wohlergehen, um unseren Wohlstand.» Dieser Wohlstand sei neben einer starken Wirtschaft auch geprägt von funktionierenden und zahlungsfähigen Sozialversicherungen. Das seien Gründe genug, um auf die Vorlage einzutreten und den Vorschlägen der Kommission zuzustimmen, zum «Wohle der Schweiz».

Föhn: Nationalrat soll bessere Lösung vorschlagen

Die Schweiz brauche eine Lösung, aber nicht eine Lösung um jeden Preis, stellte Peter Föhn (SVP/SZ) fest und bezweifelte, dass die heutige Vorlage richtig aufgegleist ist. «Wenn schon der Kommissionsprecher mehrfach von Absturzgefährdung spricht, muss man sich Gedanken machen», so Föhn. Er vertraue nun auf den Nationalrat. Dieser habe als Zweitrat die Aufgabe, eine bessere Lösung vorzuschlagen, die nicht so vielseitig angreifbar sei.

Noser: Zeit drängt

Ruedi Noser (FDP/ZH) betonte, dass die Zeit dränge. Die neuen Regeln müssten mit Blick auf die Rechtssicherheit rasch realisiert werden können. Er appellierte an die kleine Kammer, das nun entstandene Kompromisspaket mit einem überzeugenden Ja an den Nationalrat weiterzugeben. «Sollt es dem Zweitrat gelingen, über die Parteigrenzen hinaus eine Mehrheit für eine bessere Lösung zu finden, werden wir das auch wieder anschauen», so Noser.

Finanzminister Maurer: «Wir üben jetzt 13 Jahre daran...»

Unternehmen in der Schweiz würden durch ihre Heimatländer zunehmend diskriminiert, mahnte Finanzminister Ueli Maurer und unterstrich die «relative Dringlichkeit» der Vorlage. Er sprach von einer grossen Rechtsunsicherheit. Der internationale Wettbewerb im Buhlen um Steuersubstrat habe sich verschärft, wie Steuersenkungen in den USA, Grossbritannien und China klar illustrierten. Die Vorlage schaffe wieder Rechtssicherheit, sichere Steuersubstrat und Arbeitsplätze in der Schweiz. «Wir haben nicht ewig Zeit, nachdem wir jetzt 13 Jahre daran üben», so Maurer.

«Kunstwerk des politischen Kompromisses»

Maurer erinnerte daran, dass die Mängel der gescheiterten Unternehmenssteuerreform III ausgeräumt werden konnten. Es gebe einen sozialen Ausgleich, Städte und Gemeinden würden einbezogen und die Steuerausfälle würden eingeschränkt. Laut Maurer handelt es sich auch in der Variante der Kommission um eine geschlossene Vorlage, die mehrheitsfähig sein könnte: «Es ist eine Lösung, die ein kleines Kunstwerk des politisches Kompromisses ist.»

Kuhhandel oder Coup – oder «Lex Zürich»?

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Als Kuhhandel bezeichnen es die einen, als innenpolitischen Coup des Jahres die anderen: die Verknüpfung der Steuervorlage 17 mit einem Zuschuss für die AHV anstelle einer Erhöhung der Familienzulagen. Dies schlägt die zuständige Wirtschaftskommission WAK des ess Ständerats dem Parlament vor und hat die Vorlage denn auch in «Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung» (STAF) umbenannt. Neben der grundsätzlichen Frage über eine Verknüpfung von Unternehmenssteuern und Sozialversicherung gibt es Kritik aus einigen Kantonen über einen weiteren Vorschlag der Kommission. Dieser sieht einen speziellen Steuerabzug vor, der nur bestimmten Firmen im Kanton Zürich zugutekommen soll. Begünstigt würden Firmen mit besonders viel Eigenkapital. Von einer «Lex Zürich» ist bereits die Rede.

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