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Strengere Umweltauflagen 10 Prozent weniger Strom aus Wasserkraft

Mit dem Atomausstieg plante der Bund, die Wasserkraft in der Schweiz auszubauen. Doch der Bau neuer Anlagen stockt. Nun befürchtet die Wasserkraft-Branche, dass die Strom-Produktion ab 2030 sogar einbrechen wird.

Ab 2030 laufen viele 80-jährige Konzessionen der bestehenden grossen Wasserkraftwerke aus. Die Betreiber der Staumauern und Turbinenanlagen müssen ihre Werke dann neu konzessionieren.

Neue Konzessionen sind aber oft mit strengeren Umweltauflagen verbunden. Die Betreiber werden etwa dazu verpflichtet, mehr Wasser abzulassen, damit die Bäche nach den Staumauern talabwärts weniger austrocknen. Die so genannte Restwassermenge muss in vielen Fällen erhöht werden.

Leistung von 400 Windrädern geht verloren

Roger Pfammatter, Geschäftsführer des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes, fordert dazu auf, bei neuen Umweltauflagen «Mass zu halten».

Pfammatter befürchtet Produktionseinbrüche von 10 Prozent wegen neuer Umweltauflagen. Das würde der Leistung von 400 neuen Windkraftanlagen entsprechen, gibt Pfammatter zu bedenken, «das ist kein Klacks», warnt Pfammatter.

Eine neue Studie des Bundes, die im September erschien, bestätigt die Befürchtungen der Wasserkraftbetreiber grösstenteils. Die Experten gehen von «deutlich höheren Produktionsverlusten» als noch 2012 aus.

Forderungen der Umweltverbände

Die Wasserkraft gilt als eine der saubersten Stromproduktionsformen und ist praktisch CO2-neutral. Trotzdem kämpfen die Umweltverbände für strenge Umweltauflagen bei Neukonzessionierungen von alten Anlagen. «Der Druck auf die Landschaft ist enorm», sagt Raimund Rodewald, Geschäftsführer der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, «Alle Infrastrukturbetreiber müssen bei Um- oder Ausbauten etwas für Natur und Landschaft tun».

«Absurde Situation»

Rodewald räumt allerdings ein, dass es bei den Umweltauflagen zum Teil eine «absurde Situation» gebe. So wird nach geltendem Recht bei einer Neukonzessionierung eines Kraftwerks gewissermassen das Rad der Zeit zurückgedreht: Die Behörden müssen sich den Landschaftszustand vorstellen wie vor dem Bau des Kraftwerks.

Von diesem theoretischen Zustand werden dann die Zahlungen abgeleitet, die von den Kraftwerksbetreibern für Naturschutz-Ersatzmassnahmen geleistet werden müssen.

Diese Praxis hält auch Landschaftsschützer Rodewald für fragwürdig, «aber es geht auch nicht, dass die Kraftwerke freigesprochen werden von jeglichen Naturschutzpflichten».

Die Politik reagiert

Eine mögliche Lockerung bei der Berechnung der Umwelt-Ersatzmassnahmen zeichnet sich aber ab. Nach dem Nationalrat hat sich letzte Woche auch die Umweltkommission des Ständerats dafür ausgesprochen, dass bei einem Wasserkraftwerk neu der heutige Zustand der Umwelt beurteilt werden soll und davon mögliche Ausgleichszahlungen abgeleitet werden sollen.

Diese vorgeschlagene Regelung würde die Wasserkraftbranche begrüssen. Doch das Problem der Produktionsausfälle ab 2030 sei damit noch nicht gelöst, heisst es beim Verband der Wasserwirtschaft.

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