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Tabubruch in der Agrarpolitik Berner Bauern stellen Grenzschutz für Landwirtschaft infrage

Der Berner Bauernverband schlägt radikale Änderungen in der Subventionspolitik vor und stösst auf grosse Ablehnung.

Die grösste Sektion des Schweizer Bauernverbands schert aus: Der Berner Bauernverband schlägt radikale Änderungen der heutigen Subventionspolitik vor. Es brauche dringend mehr Wettbewerb in der Landwirtschaft.

Denn der Lohn der Bauern sei viel zu tief, klagt der Berner Bauernverband. Wenn das Bundesamt für Statistik heute ein durchschnittliches Einkommen von 67'800 Franken pro Betrieb angebe, dann bleibe dem Landwirt am Schluss höchstens 43'000 Franken Lohn. Die Berner Bauern glauben nicht mehr daran, dass sich die Situation mit der heutigen Subventionspolitik verbessern wird.

Direktzahlungen reduzieren

Es brauche in erster Linie mehr Wettbewerb. Davon ist Andreas Wyss, Geschäftsführer des Berner Bauern Verbandes, überzeugt: «Wettbewerb führt zu Innovation, zu neuen Produkten, mit denen wir auch mehr Geld verdienen können.» Dazu müssten Vorschriften abgebaut und das heutige System der Direktzahlungen radikal vereinfacht werden.

Ein Drittel der Subventionen sollen pauschal für ökologisches Wirtschaften ausgezahlt werden. Später sei auch eine Reduktion der Direktzahlungen denkbar. Der Berner Bauernverband stellt sogar den Grenzschutz für landwirtschaftliche Produkte infrage: «Zuerst braucht es einen Systemwechsel im Inland, dann darf man auch über den Grenzschutz diskutieren», sagt Andreas Wyss.

Schweizer Bauernverband ist skeptisch

Dieser Tabubruch beim Grenzschutz kommt beim Schweizer Bauernverband gar nicht gut an. «Der Grenzschutz ist eine der wichtigsten agrarpolitischen Massnahmen», sagt Verbandspräsident Markus Ritter. Man habe im Vorstand die Ideen der Berner Bauern diskutiert, diese Ideen würde aber «kein anderer Kantonalverband» unterstützen.

Applaus von Avenir Suisse

Lob erhält der Berner Bauernverband hingegen von der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Avenir Suisse. Sie hat kürzlich vorgerechnet, dass das heutige Agrarsystem in der Schweiz 20 Milliarden Franken im Jahr kostet. «Das sind neue, frische Ideen», freut sich Ökonom Patrick Dümmler, Forschungsleiter bei Avenir Suisse.

Solche Ideen gebe es in den kantonalen Sektionen des Schweizer Bauernverbands, würden aber an Spitze der nationalen Organisation fehlen.

Der Berner Bauernverband steht denn auch in einem regelmässigen Austausch mit Avenir Suisse, «auch wenn wir nicht mit allem einverstanden sind, was die Denkfabrik über die Schweizer Landwirtschaft sagt», erklärt Geschäftsführer Andreas Wyss. Er ist zuversichtlich, dass die Berner Ideen auch im Schweizer Bauernverband noch auf offene Ohren stossen werden: «Das braucht einfach seine Zeit».

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