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Terroranschlag von Wien Wie aktiv ist die Islamisten-Szene in Winterthur?

Nach dem islamistischen Anschlag in Wien mit vier Toten und vielen Verletzten wurden am Dienstag in Winterthur zwei junge Männer verhaftet. Sie sollen Kontakt mit dem Wiener Attentäter gehabt und diesen auch getroffen haben. Dass sie aus Winterthur stammen ist kein Zufall, gilt doch die Stadt seit Jahren als Hochburg der Deutschschweizer Islamisten-Szene.

Christoph Brunner

Redaktor Regionaljournal Zürich Schaffhausen, SRF

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Christoph Brunner Caffi ist seit 2012 für Radio SRF tätig – als Redaktor beim «Regionaljournal Zürich Schaffhausen» und von 2016 bis Herbst 2021 als Regionalkorrespondent in Zürich. Zuvor war er während zehn Jahren Moderator, Redaktor und Tagesleiter bei Radio 24.

SRF News: Gab es schon vor diesem Fall Hinweise auf Verbindungen zwischen den Winterthurer Islamisten und extremen Muslimen in Österreich?

Christoph Brunner: Ja, die gab es. Der sogenannte «Emir von Winterthur», ein Schweizer Dschihad-Reisender, der vor ein paar Wochen vom Bundesstrafgericht zu 50 Monaten Gefängnis verurteilt wurde, hatte gemäss Bundesanwaltschaft intensiven Kontakt mit dem Wiener Hassprediger Misrad Omerovic. Dieser sitzt aktuell in Österreich eine 20-jährige Gefängnisstrafe wegen terroristischer Verbrechen ab.

2014 hat der «Emir» Omerovic in Wien besucht. Davor und danach tauschten die beiden gemäss Bundesanwaltschaft über 1300 WhatsApp-Nachrichten untereinander aus. Es ging um religiöse Fragen, aber auch um Dschihad-Reisen. Zudem sollte sich der Österreicher in Winterthur an einer Kampfsportschule beteiligen, die der Rekrutierung von Dschihad-Reisenden dient. Es gab also einen regen Austausch zwischen zwei damals bedeutenden Islamisten in Winterthur und Wien.

Es gab einen regen Austausch zwischen zwei damals bedeutenden Islamisten in Winterthur und Wien.
Autor: Christoph Brunner

Wie aktiv ist die Winterthurer Islamisten-Szene heute?

Es hat eine Art Generationenwechsel stattgefunden. Die erste Generation, zu der auch der «Emir von Winterthur» gehört, stammte noch aus der Zeit der damaligen An’Nur-Moschee, welche Extremisten aus der ganzen Region angezogen hat. Viele dieser Exponenten stehen nun vor Gericht oder müssen sich demnächst vor Gericht verantworten.

Es gibt aber Hinweise, dass ihnen jetzt eine neue Generation von Islamisten folgt. Ein junger Winterthurer, der 2014 noch als Jugendlicher mit seiner Schwester zum IS gereist ist, soll da eine wichtige Rolle spielen. Er war ehemals vom «Emir» rekrutiert worden und ist auch schon wieder im Visier der Bundesanwaltschaft.

Es gibt Hinweise, dass ihnen jetzt eine neue Generation von Islamisten folgt.
Autor: Christoph Brunner

Diese zweite Generation von Islamisten besteht mehrheitlich aus jungen Muslimen. Auch die beiden Männer, die am Dienstag wegen möglicher Verbindungen zum Wiener Attentäter verhaftet worden sind, sind zwischen 18 und 24 Jahre alt.

Wie gewaltbereit sind die «Winterthurer Islamisten»?

Eine Handvoll Vertreter dieser Szene gelten auf alle Fälle als mögliche Gefährder. Sie werden intensiv vom Gewaltschutz der Zürcher Kantonspolizei begleitet. Gemäss dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) gibt es derzeit zwar keine konkreten Anschlagpläne, aber die Terrorbedrohung in der Schweiz bleibe seit 2015 erhöht – vor allem wegen Anhängern des Islamischen Staats IS.

Was beinhaltet der Gewaltschutz?

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Der Dienst Gewaltschutz ist eine Anlaufstelle im Kanton Zürich, deren Ziel es ist, nebst der Verhinderung einer schweren Tat und der Entlastung von Betroffenen, auch den Schutz der Gesundheit und die Integrität der Bevölkerung zu gewährleisten. Das geschieht laut der Website des Kantons Zürich über ein Netzwerk aus Behörden, Ämtern, Schulen und privaten Institutionen, die mit der Polizei zusammenarbeiten.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

Rendez-vous, 04.11.2020, 12:30 Uhr ; 

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