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Terrorübung in der Schweiz «Es gibt in der Schweiz gut 60 Risikopersonen»

Anfang nächster Woche werden rund 2000 Personen an einer grossangelegten Übung den Ernstfall einer terroristischen Bedrohungslage simulieren. Es ist die zweite Übung dieser Art in der Schweiz nach 2014. Die Verantwortlichen der Krisenstäbe sind letzte Woche im Vorfeld der Übung zusammengekommen. Justizministerin Karin Keller-Sutter hatte dabei erklärt, die Schweiz sei ein sicheres Land, aber auch hierzulande müsse man sich wappnen.

Doch besteht in der Schweiz tatsächlich die Gefahr eines terroristischen Anschlags? SRF News hat mit Jürg Bühler, Vizedirektor des Nachrichtendienstes, über die Bedrohung gesprochen.

Jürg Bühler

Vizedirektor Nachrichtendienst des Bundes

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Der Jurist ist Vizedirektor des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) im Verteidigungsdepartement. Zuvor war er stellver­tretender Chef der Bundespolizei sowie interimistischer Direktor des Dienstes für Aufklärung und Prävention. Dieser wurde 2010 mit dem Strategischen Nachrichtendienst zum NDB fusioniert.

SRF News: Wie gross ist die Gefahr, dass hier in der Schweiz ein grosser Terroranschlag passiert?

Jürg Bühler: Im Moment haben wir eine Terrorlage, die wir als erhöht bezeichnen. Sie ist also nicht ganz tief, aber auch nicht auf hohem Niveau. Die Schweiz ist Bestandteil des europäischen Bedrohungsraumes von insbesondere dschihadistisch-islamistischem Terrorismus, entsprechend haben auch wir solche Bedrohungen in der Schweiz.

Was heisst erhöhte Terrorlage – wie muss man sich das vorstellen?

Wir haben Ziele, die sich in der Schweiz befinden, gegen die sich terroristische Anschläge richten könnten. Aber: Wir haben zurzeit keine konkreten Hinweise auf konkrete Anschläge.

Die Bedrohung ist also nicht so gross wie zum Beispiel in Frankreich, wo es schon mehrere grosse Anschläge gab?

Nein, die Bedrohung in der Schweiz ist tiefer als in Frankreich. Sie ist auch tiefer als in anderen europäischen Ländern. Die Schweiz ist international etwas weniger exponiert. Wir haben eine andere Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung und wir sind letztlich auch in diesem Zusammenhang etwas weniger «wichtig» als grosse Staaten.

Von wem geht die Bedrohung konkret aus?

Im Moment sind das vor allem dschihadistisch-islamistische Gruppen, die Europa bedrohen. Zu einem kleinen Teil sind es auch sogenannt ethno-nationalistische Gruppierungen, von denen wir auch ein paar Vertreter in der Schweiz haben.

Was ist ein typisches Täterprofil, das Sie im Auge haben?

Es sind vor allem die «Reisenden» mit dschihadistischer Motivation, die in Länder gereist sind, in denen Kämpfe stattfinden. Sie kommen zum Teil auch wieder zurück. Das ist eines der Hauptprofile, die wir für die Schweiz verfolgen.

Von wie vielen Personen gehen Sie aus, von denen aktuell eine Bedrohung ausgeht?

Es gibt in der Schweiz gut 60 Risikopersonen, die verschieden hohe Bedrohungen darstellen. Richtig gefährlich sind nur Einzelpersonen. Die meisten davon sind entweder im Strafvollzug oder in Strafverfahren verwickelt.

Welche Infrastrukturen sind in der Schweiz besonders bedroht?

Es gibt keine Bedrohungen für einzelne Objekte, aber im speziellen sind es kritische Infrastrukturen wie Verkehrs- und Transportanlagen oder auch grössere Menschenansammlungen, die betroffen sein könnten.

Das Gespräch führte Christa Gall.

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