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Tod von alt Bundesrat Cotti Adolf Ogi: «Cotti war nicht immer einfach»

Flavio Cotti hat die Schweizer Politik in den 1990er-Jahren geprägt. Am Mittwoch ist der alt Bundesrat an den Folgen einer Corona-Erkrankung gestorben. Der Tessiner führte erst das Innendepartement und dann das Aussendepartement. Der CVP-Politiker sei ein leidenschaftlicher Aussenpolitiker gewesen, erinnert sich sein damaliger Kollege Adolf Ogi.

Adolf Ogi

Alt Bundesrat

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Adolf Ogi wurde 1942 geboren. Für die SVP wurde er 1979 in den Nationalrat und 1987 in den Bundesrat gewählt. Zweimal amtete Ogi als Bundespräsident der Schweiz, 1993 und 2000. Im Dezember 2000 trat er nach 13 Jahren als Bundesrat zurück. Danach war er von 2001 bis 2007 UNO-Sonderberater für Sport im Dienst von Entwicklung und Frieden.

SRF News: Adolf Ogi, wie haben Sie die zwölfjährige Zusammenarbeit mit Flavio Cotti erlebt?

Adolf Ogi: Bundesrat Cotti hat die italienische Schweiz vertreten. Er hat sehr gute Arbeit geleistet und vor allem im Aussendepartement sehr viel erreicht, fühlte sich aber im Innendepartement nicht wohl. Bundesrat Cotti wollte möglichst rasch in die EU. Das haben wir abgelehnt.

Ogi und Cotti 1997 als Bundesräte in Bern
Legende: Flavio Cotti (links) und Adolf Ogi waren fast zeitgleich im Bundesrat, nur ein Jahr verbrachte Ogi ohne ihn in der Landesregierung. Keystone/Archiv

Daneben setzte er sich für die Neat ein – nicht nur für den Gotthard, sondern auch für den Lötschberg. Zudem war Cotti für die Partnerschaft für den Frieden. Und er pflegte sehr gute Beziehungen zu seinen europäischen Aussenministerkollegen. Cotti war nicht immer einfach. Er verlangte sehr viel von seinen Mitarbeitern.

Bundesrat Cotti wollte möglichst rasch in die EU. Das haben wir abgelehnt.

Man ist sich im Gesamtbundesrat auch nicht immer einig. Wie haben Sie Cotti bei Meinungsdifferenzen erlebt?

Ich habe mich sehr gut mit ihm verstanden und wir haben auch mehrfach zusammen die Sitzungen des Bundesrats vorbereitet. Vom Moment, als ich ihm half, ins Aussendepartement zu gehen, hatten wir ein sehr enges und gutes Verhältnis.

Sie haben ihn also quasi zum Aussenminister gemacht?

Wenn Sie das so sagen, ist das richtig. Wir haben uns damals abgestimmt.

Gibt es ein Erlebnis, eine Anekdote aus Ihrer gemeinsamen Zeit im Bundesrat, die sie nie vergessen werden?

Es gibt viele. Bei einem Fussballspiel, an der Europameisterschaft. Oder an der 700-Jahre-Feier der Schweiz 1991. Es war ein Anlass im Engadin. Der damalige Bundespräsident Cotti hielt eine Rede. Diese kam bei Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz nicht gut an. Er hat dann vorzeitig die Festivitäten verlassen.

Cotti und Delamuraz im Nationalrat
Legende: Zwei Stühle, zwei Meinungen: Gerade beim Thema Europa wurden sich Cotti (rechts) und Delamuraz nicht einig. Keystone/Archiv

Zwischen den beiden gab es immer wieder Differenzen. Cotti wollte möglichst rasch in die EU. Das darf man, glaube ich, sagen. Delamuraz vertrat den Weg, zuerst dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) beizutreten. Es trafen auch zwei Kulturen aufeinander, die französischsprachige und die italienischsprachige. Dies führte zu gewissen Gegensätzen.

Das Gespräch führte Raphaël Günther.

SRF 4 News, 17.12.2020, 10:03 Uhr ; 

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