«Man sieht nur Pünktchen und muss sich ganz auf seine Instrumente verlassen können» sagt der 30-jährige Militärpilot Yanik Lauper nach der Rückkehr von einem Nachtflug mit seiner FA-18 über der Nordsee.
Lauper ist einer von 40 Piloten der Schweizer Luftwaffe, die derzeit in Nordschottland Nachtflug üben – fast einen Monat lang auf der Royal Airforce Basis Lossiemouth. Östlich und nördlich von Aberdeen erstrecken sich riesige Trainingsräume über dem Meer. Dort dürfen die Piloten Überschallflüge und Manöver knapp über dem Meer üben: mitten in der Nacht, fernab der Zivilisation.
Dies sei wichtig, sagt der extra angereiste Luftwaffenchef Bernhard Müller. Bei fast allen kriegerischen Auseinandersetzungen spielten Nachtflüge eine zentrale Rolle aber auch für den WEF-Einsatz müssten junge Piloten den Nachtflug üben.
Die Übung ist «kostenneutral»
Die Schweizer Luftwaffe ist mit zehn F/A-18 Kampfjets, 18 Schiffscontainern voller Ersatzteile und mit über 100 Personen Bodenpersonal 1850 Kilometer in den Norden gereist. Der Aufmarsch der Helvetier für die Nachtflugübung «Scotnight» sei nicht überrissen, verteidigt Übungsleiter Aldo Wicki die Grossverschiebung. Andere Länder würden bei internationalen Übungen in der Regel dreimal mehr Material mitnehmen als die Schweizer, sagt Wicki.
Und die Kosten? Der Einsatz sei «kostenneutral» betont Luftwaffenchef Bernhard Müller. Weil man in der Schweiz Steuern und Abgaben auf Kerosin bezahlen müsse und in Schottland nicht, könne die Luftwaffe über 900'000 Franken sparen bei einem Kerosinverbrauch von 1,5 Millionen Litern für die «Kampagne» in Schottland. Dies entspreche ziemlich genau dem Aufwand für den Transport des Materials. Die Unterkunft würden die Briten gratis zur Verfügung stellen.
Lärmexport nötig
In der Schweiz wären so viele Nachtflüge in kurzer Zeit gar nicht möglich, viel zu eng und viel zu dicht bevölkert sei unser Land, sagt Müller. Darum «exportiere» die Luftwaffe einen Grossteil seines Fluglärms in der Nacht ins Ausland. 18 Jahre lang fand das Nachtflugtraining in Norwegen statt. Wegen Spannungen mit Russland bauen die Norweger jetzt aber ihre Nato-Basis in Östland aus. Für die neutralen Schweizer hat es keinen Platz mehr.
Darum habe man Alternativen gesucht und sie in Schottland gefunden. Die Bevölkerung hier sei sich Nachtfluglärm gewohnt, sagt Wing Commander Matt Hoare vom Luftwaffenstützpunkt Lossiemouth. Darum gebe es kaum Lärmklagen aus dem Dorf.
Nachtflugtraining – wie weiter?
Ganz anders in der Schweiz: Dort dürfen die Piloten nur im Winterhalbjahr einmal Mal pro Woche über den Alpen Nachtflug trainieren. Doch auch in Schottland ist derzeit unsicher, ob die Nachtflugtrainings künftig noch möglich sein werden. Auch in Schottland wird der Stützpunkt ausgebaut, weil Grossbritannien seine Nordküste wieder besser verteidigen muss gegen Eindringlinge im Luftraum und auf See. Die Briten sprechen nur ungern darüber, doch regelmässig testen russische Flugzeuge die Abwehrfähigkeit der Royal Airforce.
Die Schweizer Luftwaffe muss also weiterhin aktiv bleiben, damit sie auch künftig ihren Fluglärm für die Nachtflugtrainings exportieren darf. «Wir werden mit den Briten eine Lösung finden», sagt Luftwaffenchef Müller bestimmt. Derweil steigt Pilot Lauper erneut in seine Maschine für den nächsten Nachtflug. In zwei Wochen trainiert er hier so viel, wie in einem halben Jahr in der Schweiz.