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Umstrittene Waffenexporte «Das Seco müsste auch die Folgen der Exporte berücksichtigen»

Bei Waffenexporten aus der Schweiz reize das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die Gesetze aus – und umgehe diese teilweise gar, sagt die Eidgenössische Finanzkontrolle in ihrem Bericht. Darin heisst es: Die Exporte würden zwar korrekt bewilligt, das Kriegsmaterial-Gesetz werde aber «eher wirtschaftsfreundlich» ausgelegt. Patrick Walder von Amnesty International Schweiz fordert vom Seco eine neue Philosophie bei der Bewilligung von Waffenexporten.

Patrick Walder

Amnesty International

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Patrick Walder ist Verantwortlicher für den Bereich Rüstungskontrolle bei der Schweizer Sektion von Amnesty International.

SRF News: Wie schätzen Sie den Bericht der Finanzkontrolle ein?

Patrick Walder: Er ist auf jeden Fall brisant und er kommt genau zu dem Zeitpunkt, wo der Bundesrat die weitere Lockerung der Waffenexporte durchbringen will. Wir denken das Gegenteil müsste geschehen: Die Mängelliste, die die Finanzkontrolle beim Seco feststellt, müsste behoben werden, bevor man an eine weitere Lockerung der Exporte denkt.

Die Eidgenössische Finanzkontrolle sagt unter anderem, die Kontrollen des Seco seien zu weitmaschig und würden ungenügend koordiniert. Das heisst, es braucht eine neue Aufsicht?

Es braucht auf jeden Fall eine Verschärfung und eine andere Philosophie. Wenn man den Bericht liest, gewinnt man den Eindruck, dass die Anträge der Waffenindustrie für Exporte vom Seco einfach durchgewunken werden. Der Bericht insinuiert, dass eine zu grosse Nähe zwischen dem Seco und Industrievertretern besteht.

Das Argument, es brauche mehr Exporte, um die Schweizer Rüstungsindustrie zu erhalten, ist bis jetzt nicht belegt.

Das Seco müsste aber auch die Folgen von Waffenexporten berücksichtigen. Es muss verhindert werden, dass Schweizer Waffen bei Kriegsverbrechen oder Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden. Oder, dass Waffen in die Hände von Terroristen und Unrechtsstaaten gelangen.

Von Sicherheitspolitikern hört man immer wieder, dass Waffenexporte nötig seien, um die Schweizer Rüstungsindustrie am Leben zu erhalten. Das wiederum sei für die Schweizer Armee wichtig. Das heisst: In naher Zukunft dürften Ihre Forderungen also nicht durchgesetzt werden – vor allem nicht in einem bürgerlichen Parlament?

Es sieht so aus, als würde der Bundesrat den Wünschen der Waffenindustrie folgen und neu auch Waffen in Bürgerkriegsländer liefern. Der Nachweis fehlt allerdings, dass das notwendig ist für die Schweizer Waffenindustrie. Diese ist schon heute internationalisiert. Schweizer Firmen sind internationale Konglomerate. Das Argument, es brauche mehr Exporte, um die Schweizer Rüstungsindustrie zu erhalten, ist bis jetzt nicht belegt.

Sie fordern eine Verschärfung der Exportbestimmungen. Geplant ist aber genau das Gegenteil. Was unternehmen Sie dagegen?

Wir fordern, dass der Bundesrat das nicht alleine entscheidet, sondern nötigenfalls das Parlament. Sollte das nicht möglich sein, wird derzeit erwogen, eine Volksinitiative zu lancieren, die eine Rückkehr zur Kriegsmaterialverordnung von 2009 fordert. Diese war relativ strikt. Das ist sicher eine Idee, die man verfolgen muss, falls Bundesrat und Parlament mehrheitlich an dieser sturen Linie festhalten.

Das Gespräch führte Teresa Delgado.

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