Das Geschenk: 3300 Quadratmeter Bauland, mitten in der Solothurner Gemeinde Lostorf. Es befindet sich zentral zwischen Aarau und Olten am Jurasüdfuss. Das Landstück liegt am Hang, mit Abendsonne und Fernsicht über das Mittelland in die Berge. Es dürfen gemäss Zonenplan Einfamilienhäuser, stilles Gewerbe oder öffentliche Bauten erstellt werden. Marktwert: Wohl gegen zwei Millionen Franken.
Es ist ein begehrtes Stück Land, wie ein Anwohner SRF berichtet. Die ehemalige Besitzerin habe ihm schon vor Jahren erzählt, dass sie wöchentlich Kaufanfragen erhalte, erzählt der Solothurner. Verkauft hat sie aber nie. Aktuell lässt ein Bauer seine Pferde und Kühe auf der Wiese mit den einzelnen Obstbäumen weiden.
Die Auflagen: Nun ist die hochbetagte Landbesitzerin aus Olten verstorben. Sie hat das Landstück der Gemeinde Lostorf vermacht. Allerdings mit Bedingungen: Die Gemeinde darf die gesamte Parzelle in den nächsten 100 Jahren nicht überbauen. Sie soll «als Erholungsraum für Jung und Alt sowie als Lebensraum für Tiere und Pflanzen ausgestaltet» werden, wie es in einer Mitteilung heisst.
Nach Ablauf dieser 100-jährigen Frist sind laut Testament nur Bauten «mit einem sozialen Nutzen» erlaubt, wie zum Beispiel ein Alters- und Pflegeheim. Verkaufen oder abtauschen darf die Gemeinde das Land ebenfalls nicht.
Die Reaktionen: Die Geschichte habe im Dorf schnell die Runde gemacht, erzählt der Anwohner. Er freut sich über die Auflagen. «Man darf auch mal noch einen grünen Streifen im Dorf stehen lassen.» Und was sagt die Gemeinde? Sie freue sich auch, versichert Vize-Gemeindepräsidentin Marianne Peier (FDP). «Es ist auch eine grosse Chance für eine Gemeinde, so ein Stück Land als Grünzone behalten zu können.»
Der Gemeinderat hat einstimmig beschlossen, das Geschenk und die Auflagen zu akzeptieren. Noch unklar ist, was aus der Wiese wird. Denkbar wären zum Beispiel ein Biotop oder ein Hotel für Insekten, heisst es bei der Gemeinde. Die Umweltkommission soll nun ein Konzept erstellen.
Die Alternative: Die Gemeinde hätte das Geschenk nicht annehmen müssen. Laut Auskunft des regionalen Erbschaftsamts darf man ein so genanntes «Vermächtnis» oder «Legat» auch ablehnen. In diesem Fall würde es normal an die Nachkommen vererbt. Sind keine Nachkommen vorhanden, wird die Erbschaft konkursamtlich versteigert. Damit erlöschen auch sämtliche Auflagen: Ein Bauunternehmer hätte beispielsweise das Land ersteigern und später überbauen können.
Ob es so gekommen wäre, ist unklar. Denn das Erbschaftsamt gibt zu den Familienverhältnissen der verstorbenen Landbesitzerin keine Auskunft. Einwohnerinnen und Einwohner sagen, die Frau sei ohne Nachkommen gewesen. So oder so: Die Gemeinde Lostorf hat das Geschenk angenommen. Gut 3000 Quadratmeter Land mitten im Dorf bleiben damit für ein weiteres Jahrhundert grün.