Das Wichtigste in Kürze
- Dass die Unternehmenssteuerreform III (USR III) gescheitert ist, hat vor allem an der Überforderung mit der Vorlage und der Unsicherheit über die finanziellen Auswirkungen der Reform gelegen. Zu diesem Schluss kommt die sogenannte Voto-Studie.
- Rund ein Drittel der Stimmenden hat sich unzureichend informiert gefühlt und nach der Maxime «Im Zweifel ein Nein» entschieden.
- 74 Prozent sagten, es sei ihnen schwer gefallen, die Vorlage zu verstehen.
- Fast ein Drittel legte sich erst im letzten Moment fest.
Keine Vorlage der letzten 18 Jahre war für die Schweizer Stimmbevölkerung so schwer zu verstehen wie die Unternehmenssteuerreform III. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Voto-Studie. Die Studienautoren gingen der Frage nach, weshalb das Stimmvolk am 12. Februar die Steuerreform verwarf und die erleichterte Einbürgerung und den Nationalstrassenfonds (NAF) annahm.
Dabei zeigt sich: Die Schweizer haben die USR III lieber abgelehnt, als sich auf ein Wagnis einzulassen. Einerseits seien sie mit der komplexen Vorlage überfordert gewesen, andererseits war die Verunsicherung gross, welche finanziellen Auswirkungen die Reform mit sich bringen würde.
Genau umgekehrt verhielt es sich mit der Vorlage zur erleichterten Einbürgerung, über die am gleichen Tag abgestimmt wurde: 92 Prozent der Befragten fanden diese Vorlage sehr einfach zu verstehen.
Die USR III war also die komplizierteste Vorlage für die Schweizer seit 18 Jahren. Auf Platz zwei folgt die USR II, über die 2008 abgestimmt worden war. Damals gaben 54 Prozent an, sie fänden den Stoff äusserst kompliziert.
Am Abstimmungsbüchlein ändert sich nichts
Bei komplexen Vorlagen sind die Stimmbürger also auf klare und möglichst konkrete Informationen angewiesen. Wichtig für die Stimmbürger sind auch das Abstimmungsbüchlein, hergestellt von der Bundeskanzlei. Vizekanzler André Simonazzi kennt die Herausforderung, komplexe Inhalte herunterzubrechen: «Die Texte müssen einfach bleiben, deshalb arbeiten wir mit Grafiken, Zusammenfassungen, guten Titeln», so Simonazzi. Neu würden auch Abstimmungsvideos produziert, um die Vorlagen online auf einfache Art und Weise zu erklären.
Ganz unterschiedliche Entscheidungszeitpunkte
Ein weiterer Punkt, den die Voto-Studie bei der Abstimmung vom 12. Februar herausstreicht, ist der unterschiedliche Entscheidungspunkt bei zwei der Vorlagen: Bei der USR III entschieden ganze 30 Prozent erst kurz vor dem Abstimmungstermin, ob sie ein Ja oder ein Nein in die Urne legen sollen. Bei der erleichterten Einbürgerung waren es gerade einmal 9 Prozent, drei Viertel der Ja-Sager wussten von Anfang an, wie sie abstimmen würden.
Durchschnittliche Wahlbeteiligung
46,4 Prozent der Schweizer Stimmbürger beteiligten sich am 12. Februar an der Wahl. Dies entspricht dem Durchschnitt der vergangenen sechs Jahre. Auch die Verteilung entspricht der Standardbeteiligung: vor allem Ältere, höhere Einkommensklassen und höhere Bildungsklassen.
Was allerdings auffällt: Nicht alle Parteien konnten ihre Gefolgschaft mobilisieren. Grosse Verliererin der Bundesparteien war die SVP: Sie konnte nur 45 Prozent ihrer Anhänger an der Urne bewegen. 2004, als die Schweiz letztmals über die erleichterte Einbürgerung der zweiten und dritten Generation abstimmte, waren es noch 55 Prozent. Dieses Jahr konnten FDP (58 Prozent) und SP (54 Prozent) überdurchschnittlich viele Anhänger mobilisieren.
Trotz klassischer Parolen-Konstellation zeigte sich kein klarer Links-Rechts-Graben. Einer geschlossenen Linken stand eine gespaltene bürgerliche Wählerschaft gegenüber. Die Hälfte der SVP- und CVP-Wähler legte ein Nein ein und selbst bei den FDP-Sympathisanten stimmten 37 Prozent gegen die Vorlage.
Jeder dritte Stimmbürger war von der Vorlage überfordert und orientierte sich deshalb an Empfehlungen. Bei den Gegnern wurde dabei am häufigsten die frühere Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf genannt, deren öffentliche Wortmeldung für viel Wirbel sorgte.
Solidarität für dritte Generation
Bei der Vorlage zur erleichterten Einbürgerung überzeugte ein weiteres Argument: Für die allermeisten Stimmenden waren nicht Verwaltungskosten oder Föderalismus im Vordergrund gewesen, sondern die Identitätsfrage. Sie waren der Überzeugung, dass Menschen, deren Eltern und Grosseltern bereits in der Schweiz lebten, Schweizer seien.
Klar im Schatten der beiden anderen Vorlagen stand der Strassenfonds NAF. Ausschlaggebend für ein Ja war laut der Studie die Ansicht, dass ein Ausbau des Strassennetzes nötig, beziehungsweise gut sei. Abgelehnt wurde er vor allem aus ökologischen Motiven.