Lange Gesichter Ende Mai im Intercity in der Ostschweiz. Weil der Zug von Zürich nach St. Gallen mit Verspätung unterwegs war, strichen die SBB kurzerhand die fahrplanmässigen Haltestellen Wil, Uzwil, Flawil und Gossau, um die Verspätung bis zur Ankunft in St. Gallen wieder aufholen zu können. Fahrgäste nach Wil mussten in Winterthur umsteigen und kamen nur mit grosser Verspätung an ihr Ziel.
Susanne Hartmann, Stadtpräsidentin von Wil (SG) intervenierte mit einem Brief bei der SBB. Gegenüber SRF sagt sie: «Es ist leider nicht das erste Mal, dass wir von der SBB übergangen worden sind. In letzter Zeit sind sehr viele Züge zwischen Wil und Zürich ausgefallen. Bei allem Verständnis: Wir haben 22'000 Personen, die in Wil umsteigen. Irgendwo hat es Grenzen.»
SBB spricht von Einzelfällen
SBB-Sprecher Daniele Pallecchi erklärt, weshalb die SBB überhaupt zu solchen Massnahmen greift: «Wenn es auf unserem dicht befahrenen Netz zu einer Störung kommt, kann es sein, dass sich diese Störung bei der Fahrt durch die Schweiz weiter und weiter auf das Netz überträgt und dass die Passagiere fortlaufend Verspätungen haben. Einen solchen Dominoeffekt müssen wir verhindern.»
Bei den SBB zeigt man Verständnis für den Unmut der Wiler: «Es ist natürlich ärgerlich für die 30 Personen, die dort aussteigen wollten, dafür bitten wir um Entschuldigung. Aber so vermeiden wir, dass es am Ende zu Verspätungen kommt, die Zehntausende betreffen.»
Die SBB spricht von Einzelfällen. Allerdings: SBB-Passagieren im Kanton Aargau erging es am vergangenen Samstag ähnlich wie den Passagieren, die in Wil aus- oder umsteigen wollten. Aufgrund einer Verspätung liess der Interregio Bern-Zürich die im Fahrplan vorgesehenen Haltestellen in Brugg und Baden aus. Publik machte dies etwa die «Aargauer Zeitung».
Nun interveniert die Politik
Der Badener Thierry Burkart (FDP/AG) ist Mitglied der Verkehrskommission des Nationalrats. Er will die Begründung der SBB nicht akzeptieren: «Die Passagiere dürfen auf den Fahrplan vertrauen. Sie dürfen darauf vertrauen, dass der Zug auch tatsächlich dort hält, wo es im Fahrplan angegeben ist. Entsprechend trifft man ja auch seine Reisevorkehrungen. Es kann nicht sein, dass die SBB einfach den Fahrplan anpasst, um Verspätungen einzuholen, die sie selbst verursacht hat.»
Burkart will nun wissen, wie oft es vorkommt, dass SBB-Züge Haltestellen auslassen, um eine Verspätung einzuholen. Und: nach welchen Kriterien dies überhaupt entschieden wird. Burkart behält sich vor, einen parlamentarischen Vorstoss einzureichen, will aber zuerst das Bundesamt für Verkehr (BAV), das die SBB beaufsichtigt, in einem Brief auf die Situation aufmerksam machen.
Bundesamt für Verkehr will Antworten
Beim Bundesamt für Verkehr stösst die Forderung von Nationalrat Burkart auf offene Ohren. Schriftlich teilt es auf Anfrage mit: «Für das BAV als Aufsichtsbehörde stellt sich die Frage, ob das Verhalten der SBB die Betriebspflicht verletzt oder nicht. Das wäre dann der Fall, wenn ein Unternehmen Haltestellen, die in der Konzession und im Fahrplan enthalten sind, nicht bedient. So, wie sich die Situation abschätzen lässt, könnte eine Betriebspflichtverletzung vorliegen. Das BAV wird die SBB bitten, eine Stellungnahme abzugeben und die Situation zu erläutern.»
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