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Versuch im Altersheim Besuch erwünscht! Das etwas andere Schutzkonzept im Altersheim

Anstatt die Bewohnerinnen und Bewohner gegen aussen abzuschotten, lässt ein Berner Heim Besuch explizit zu.

Seit Monaten müssen sich Alters- und Pflegeheime mit der Frage beschäftigen, wie sie ihre Bewohnerinnen und Bewohner vor dem Virus schützen können. Viele führten daraufhin ein strenges Besuchsregime ein – auch der Alterswohnsitz im bernischen Urtenen-Schönbühl. Trotzdem gab es im Heim einen grossen Coronavirus-Ausbruch.

Jetzt hat das Heim ein neues System eingeführt: Gegen aussen offen, dafür möglichst keinen Kontakt unter den Bewohnerinnen und Bewohnern. Geht das gut?

Der Speisesaal bleibt leer in Urtenen-Schönbühl.
Legende: Der Speisesaal bleibt leer in Urtenen-Schönbühl. SRF

Die 92-jährige Rosa Isenschmid trägt das neue Corona-Regime mit Fassung: «Ich bin sowieso nicht eine, die ständig mit allen zusammen ist. Ich suche mir meine Leute aus, die ich sehen will.» Immer allein zu essen, das sei für sie kein Problem. Eine Mitarbeiterin des Alterswohnsitzes bringt ihr den Teller direkt aufs Zimmer.

Auch das gemeinsame Freizeitprogramm fällt weg – Rosa Isenschmid näht jetzt alleine. Gesellschaft vermisst sie nicht.

Das andere Konzept funktionierte nicht

Rund die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner in Urtenen-Schönbühl hatte sich beim Corona-Ausbruch im Herbst angesteckt. Vier Wochen lang war das Haus unter Quarantäne gestellt, erzählt Heimleiter Urs Hänni: «Wir sagten uns, dass es so nicht weiter gehen kann.» Deshalb arbeitete er mit der Belegschaft ein neues Konzept aus: Die Bewohnerinnen und Bewohner dürfen raus und Besuch empfangen, dafür sehen sie sich untereinander kaum.

Es ist nicht ganz einfach, den Abstand und die Maskenpflicht durchzusetzen.
Autor: Urs Hänni Heimleiter Alterswohnsitz Urtenen-Schönbühl

Der Speisesaal ist zu, die Cafeteria auch, «damit das Virus, sollte es doch den Weg ins Haus finden, sich nicht weiterverbreiten kann.» Distanz ist das Zauberwort. Teilweise müssten die Mitarbeitenden eingreifen, wenn sich zwei Menschen zu nahe kommen. «Einige Bewohnende vergessen manchmal die Regeln», so Hänni.

Plötzlich einsam?

Der Lottonachmittag im Altersheim findet also nicht mehr statt. Dafür dürfen die Bewohnenden jetzt ihre Verwandten empfangen. Besuch ist ausdrücklich erlaubt und erwünscht, damit niemand alleine ist. Die Heimleitung animiert Angehörige gar dazu, ins Heim zu kommen. Auch den Physiotherapeuten wird wieder Zutritt gewährt.

Rosa Isenschmid kommt dies entgegen. Ihr Sohn besucht sie wöchentlich.

Ich finde diese Regelung besser als die komplette Abschottung.
Autor: Martin Isenschmid Sohn von Rosa Isenschmid

Doch nicht alle Bewohnerinnen und Bewohner wollen sich trennen lassen. Beispielsweise Lilly Eggimann und Heidi Huber. Die beiden Frauen verbringen ihre Zeit oft miteinander.

Zwei Frauen in einem Altersheimzimmer.
Legende: Die beiden Frauen lesen sich oft gegenseitig vor, um nicht alleine zu sein. SRF

Das neue Konzept kam bei ihnen nicht gut an. «Ich hatte fast einen Schock», so Lilly Eggimann. Und Heidi Huber fügt an: «Lilly wäre traurig, wenn sie immer allein sein müsste. Ich bin die Fröhliche. Sie braucht mich.» Der Heimleiter machte deshalb eine Ausnahme für die beiden.

Schweiz aktuell, 28.1.2021, 19:00 Uhr

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