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Viele Baustellen Aussenminister Cassis kommt nicht recht vom Fleck

Von der grössten Baustelle im EDA hört man schon länger nichts mehr, weil sich einfach nichts tut: Das EU-Dossier steckt in der Sackgasse, die Verhandlungen mit Brüssel für das Rahmenabkommen kommen nicht voran. Ausgerechnet beim wichtigsten EDA-Dossier kann der Aussenminister keine Fortschritte vorweisen. Cassis’ Unterstützer sagen, es liege nicht am Aussenminister, sondern an SP und SVP, dass man mit Brüssel nicht weitergekommen sei. Cassis’ Kritiker entgegnen: Der Aussenminister müsse für Mehrheiten werben und Kompromisse schmieden.

Sambia: Cassis lobt umstrittene Mine

Dass manche Probleme im EDA nicht an der Weltpolitik liegen, sondern am Aussenminister persönlich, zeigt das Beispiel Sambia. Für einen Shitstorm sorgte Cassis, als er nach Sambia flog und den Schweizer Konzern Glencore für seine Mine lobte. Allerdings steht die Kupfermine in Sambia in der Kritik: Sie soll jahrzehntelang Umwelt und Menschen geschädigt haben.

Für grossen Wirbel sorgte ein Interview, in dem sich Cassis zum UNO-Flüchtlingshilfswerk der Palästinenser (UNRWA) äusserte. Dieses sei Teil des Problems und führe den Nahostkonflikt weiter, sagte Cassis – ungewöhnlich scharfe Worte aus dem Munde eines Diplomaten. Auch stellte sich dadurch die Frage, warum die Schweiz überhaupt die UNRWA seit Jahren finanziell unterstützt.

Ärger wegen Weltausstellung

Auch sonst sorgt das EDA für Negativ-Schlagzeilen. So sollte der Tabakkonzern Philip Morris den Schweizer Pavillon auf der Weltausstellung sponsern. Dabei dürfen Tabakfirmen laut Reglement kein Sponsoring übernehmen. Die WHO setzt sich seit Jahren dafür ein, den Tabakkonsum zu reduzieren. Und das Bundesamt für Gesundheit lanciert immer wieder eine Tabakpräventionskampagne.

Für Irritationen sorgte die Schweiz mit der Entscheidung, dass die Pilatus-Flugzeugwerke in Saudi-Arabien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten keine Dienstleistungen mehr anbieten dürfen. Hintergrund ist der Krieg im Jemen. Die Entscheidung des EDA überraschte die Vertragspartner – und kratzt am Schweizer Image der Verlässlichkeit.

«Cassis bereitet enorme Probleme»

Zu Cassis’ schärfsten Kritikern zählt der Genfer Nationalrat Carlo Sommaruga (SP). Er sitzt in der aussenpolitischen Kommission. «Ich weiss nicht, ob er ein Desaster ist, aber er bereitet der Schweizer Diplomatie enorme Probleme», kritisiert Sommaruga. «Früher war die Schweiz offensiv, hat mit ähnlich gesinnten Ländern zusammengearbeitet. Heute fragen sich manche Länder: Wo ist die Schweiz?»

Nationalrätin Christa Markwalder (FDP) aus Burgdorf BE sitzt ebenfalls in der aussenpolitischen Kommission. Sie nimmt ihren Parteikollegen Cassis in Schutz: «Ignazio Cassis ist ein guter Aussenminister», sagt sie. «Für ihn war es eine neue Erfahrung, dass jeder Satz auf die Goldwaage gelegt wird und zum Teil internationale Aufmerksamkeit generiert. Aber er ist lernfähig und lernwillig.» Laut Markwalder ist Cassis «vielleicht manchmal eine zu gutmütige Person für den rauen Wind in der Politik, vor allem in der Aussenpolitik».

Ignazio Cassis, zu sanftmütig für die Weltpolitik? Der Aussenminister sagt von sich, er sei ein gelernter Arzt und «über Nacht Diplomat geworden». Deswegen habe es etwas Zeit gebraucht, um sich einzuarbeiten. Doch die Zeit des Lernens sei vorbei – Cassis ist mit seiner Leistung zufrieden. Trotz der vielen Baustellen.

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