Immer mehr Firmen in der Schweiz experimentieren mit der Viertagewoche – auch grosse wie Migros oder Coop. Die Idee: weniger Tage arbeiten, dafür länger. Die Lausanner Werbeagentur 23bis geht weiter. Hier arbeiten alle seit vier Jahren nur vier Tage – bei vollem Lohn.
Weniger Arbeitszeit, mehr Zusammenhalt
Hinter den Bildschirmen bei 23bis sitzen lauter junge, hippe Leute. Sie produzieren hier in der Lausanner Innenstadt audiovisuelle Inhalte, insbesondere Videos für soziale Medien. Seit vier Jahren aber nur noch von Montag bis Donnerstag. «Super ist das – wegen der zusätzlichen Freizeit, aber auch, weil alle gleichzeitig da sind», findet Art Director Cyrill Jaunin. Das schaffe Zusammenhalt und fördere die Kreativität.
Die Idee zur Viertagewoche sei ursprünglich eine «Schnapsidee» gewesen, erzählt Manuel Ammann, der Chefstratege bei 23bis. Man habe an Freitagen zwar gearbeitet, aber nicht besonders effizient. «Also haben wir beschlossen, diesen Tag wegzulassen.»
Dichter, aber nicht stressiger
Mathilde Neau, zuständig für die Nachhaltigkeitsstrategie der Agentur, ergänzt: «Die vier Arbeitstage sind heute dichter, aber die Zusammenarbeit ist flüssiger geworden.» Auch sei die Viertagewoche ein gutes Argument, wenn es darum gehe, junge Talente anzuwerben.
Dichter bedeute aber nicht stressiger. Neau zeigt auf den Innenhof, wo zwei Kollegen Ping Pong spielen. «Es gibt immer noch Zeit für Pausen.»
Mehr Sorgen als die Mitarbeitenden hätten ihm anfangs mögliche negative Reaktionen der Kunden gemacht, sagt Ammann. Die Agentur habe deshalb eine Art Pikettdienst für den Freitag eingeführt und sei im Notfall erreichbar. «Die meisten Kunden haben das gut aufgenommen.» Sie hätten sich beispielsweise daran gewöhnt, dass E-Mails an 23bis am Freitag nicht beantwortet werden.
Und das Geschäft? «Wir leisten etwa gleich viel wie vorher», sagt Ammann. Der Umsatz pro Mitarbeiterin oder Mitarbeiter habe sich kaum verändert – sogar eher verbessert. Für die 18-köpfige Agentur mit Standorten in Lausanne und Zürich geht die Rechnung auf.
Kein Modell für alle
Eine allgemeine Lösung für alle sei das Modell aber nicht, glaubt Neau. «Je nach Branche funktioniert etwas anderes. Für 23bis sind die vier Tage von Montag bis Donnertag das Richtige. Andere fahren besser mit einem Schichtbetrieb.» Und schliesslich sei entscheidend, ob ein Unternehmen ausschliesslich gewinnorientiert sei oder ob es auch soziale Anliegen verfolge.
Könnte es bei 23 bis irgendwann sogar eine Dreitagewoche geben? Ammann lacht. «Das wäre wohl schwierig. Aber manchmal witzeln wir, dass wir irgendwann die Eintageswoche einführen werden.»