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Zwei Männer schütteln sich die Hände.
Legende: Der Einfluss und der Druck der Lobbyisten im Bundeshaus nimmt zu. Keystone
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Schweiz Vorstösse im Bundeshaus: Lobbyisten formulieren eifrig mit

Der Druck der Lobbyisten auf Parlamentarier nimmt zu. Ihre Interessen setzen sie oftmals mit ruppigen Methoden durch. Das sagen viele Parlamentarier – und auch, dass sie nicht immer wirklich verstünden, was sie da genau unterschreiben.

Martin Schläpfer wandelt während der Session oft durchs Bundeshaus, denn er vertritt die Interessen der Migros – und zwar unter anderem so: «Ich habe sicher schon Vorstösse mitinitiiert oder mitformuliert.» Schläpfer findet es normal, dass Lobbyisten Anliegen ihrer Arbeitgeber fürs Parlament «mitformulierten», das gehöre zum politischen Geschäft. Denn Politiker könnten nun einmal nicht jedes Detail einer komplexen Materie kennen.

Noch nie habe er allerdings Parlamentarier dafür bezahlt, dass sie ein Anliegen der Migros verträten. Das ginge nicht, findet er. Was auch nicht gehe: Dass gewisse Lobbyisten grossen Druck auf Parlamentarier ausübten: «Wenn du nicht mit unserer Lobby stimmst, sorge ich dafür, dass du von unseren Kreisen nicht mehr gewählt wirst.»

Ruppig, aber Quelle der Inspiration

Dass der Druck auf Parlamentarier zunimmt und immer mehr Lobbyisten ihre Interessen in den Räten mit ruppigen Methoden durchsetzen wollen, bestätigen viele Parlamentarier.

Video
FDP-Präsident Müller «Markwalder war zu unvorsichtig»
Aus News-Clip vom 06.05.2015.
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Zum Beispiel Nationalrat Thomas Hurter (SVP/ZH): «Selbstverständlich gab es schon Personen, die mich gefragt haben, ob ich zu einem Thema etwas einreichen würde.» Hurter betont, er reiche nie Forderungen ein, die er nicht selbst verfasst habe.

Dem schliesst sich Nationalrat Andy Tschümperlin (SP/SZ) an. Allerdings, sagt der Fraktionspräsident, lade die SP auch selber zu Sitzungen ein, an denen Vorstösse diskutiert würden: «Zum Beispiel laden wir den Schweizerischen Gewerkschaftsbund an eine Fraktionssitzung ein und diskutieren eine politische Frage offen in einer Fraktion oder in einer Arbeitsgruppe.»

«Ich verstehe nicht immer restlos, was ich unterschreibe»

Alle befragten Parlamentarier räumen ein, dass sie sich von Lobbyisten inspirieren und beraten lassen. Und das immer häufiger, denn Bevölkerung und Medien schrien regelrecht nach Vorstössen. Immer wenn etwas passiere, komme gleich die Forderung nach einem neuen Gesetz.

Audio
Wirbel um Lobbying im Bundeshaus
aus Rendez-vous vom 06.05.2015. Bild: Keystone
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Und diesem Druck erliegt so mancher Parlamentarier auf die eine oder andere Art – auch wenn er sich nicht gleich Vorstösse vorschreiben lässt. Tschümperlin zum Beispiel sagt, er habe schon Forderungen unterschrieben, die er nicht restlos verstehe: «Ich kann nicht sagen, dass ich bei jedem unterzeichneten Vorstoss zu 100 Prozent weiss, welche Auswirkungen er hat.»

Dass National- und Ständeräte pfannenfertige Vorstösse von Lobbyisten einreichen und Forderungen unterschreiben, die sie nicht restlos verstehen, bedauern viele Parlamentarier. SVP-Nationalrat Hurter findet deshalb: «Man müsste ein Art Verfallzeit für Vorstösse erfinden.» Denn sonst gebe es immer mehr Vorstösse, auch immer mehr sinnlose. Die Folge: Das Parlament sei noch stärker überlastet, könne sich noch weniger mit Details befassen – und sei noch abhängiger von Lobbyisten.

Minder: «Früher oder später braucht es eine Volksinitiative»

Thomas Minder, parteiloser Ständerat und Urheber der «Abzocker-Initiative», will sich zum konkreten Fall nicht äussern. Überrascht sei er aber nicht: «Ich habe bei der Initiative dasselbe erlebt, als die Economiesuisse Einzelanträge redigiert und Ständeräten in die Hände gedrückt hat.» Minder stört sich besonders daran, dass die Interessenvertretung mitunter nicht direkt über «transparente Lobbyisten» liefe, sondern über PR-Agenturen. Grundsätzlich sehe er kein Problem darin, dass Milizparlamentarier Kontakt mit Lobbyisten hätten. Eine Grenze zieht Minder mit Blick auf den «Fall Markwalder», dort, wo für «ausländische Partikularinteressen lobbyiert wird.» Er selbst habe sich mehrfach für eine Regulierung eingesetzt – beim Parlament komme er damit aber nicht durch. «Früher oder später braucht es halt eine Volksinitiative», so Minder. Seine bislang 24 Vorstösse stammten derweil allesamt aus «seiner Feder», auch wenn er bei einem hochtechnischen Gegenstand auch eine Fachperson zurückgreifen würde.

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