Es ist Wochenmarkt in Frauenfeld. Beeren sind momentan der Renner. Beim Gemüsestand von Edith Weber sind es die Süsskartoffeln. Sie kommt mit ihrem Stand aus dem Nachbarkanton Schaffhausen. Hier seien die Leute anders. «Ich stelle fest, die Frauenfelder sind, was Verpackungen angeht, extrem bewusst», so Weber. «90 Prozent nehmen das Säckli selber mit. Eine tolle Kundschaft.»
Auch Werner Diener aus Altishausen kommt gerne hierher. Der Gemüsebauer schätzt, dass viele einen eigenen Garten besitzen. «Das bedeutet, es sind auch Leute, die wissen, was hinter dem Produkt steht. Sie haben eine Ahnung davon, was drinsteckt, und das ist für uns interessant.»
Inzwischen ist es Mittagszeit. In der schmucken Altstadt reiht sich Geschäft an Geschäft. Viele Läden schliessen über Mittag. Vor der Kleiderboutique schiebt eine Verkäuferin gerade die Kleiderständer in den Laden. Sie spricht weniger positiv von den Bewohnern Frauenfelds. In ihrer Heimatstadt St. Gallen sei es angenehmer: «Die Leute sind freundlich, sie sind schneller per Du. Man ist offen und redet miteinander. Das ist ein grosser Unterschied.»
Hingegen sagt die Deutsche Nancy Walter, sie sei in Frauenfeld sehr freundlich empfangen worden. Sie führt das Restaurant Citadella, gleich gegenüber vom Kleidergeschäft. Ihr gefalle Frauenfeld sehr, die Stadt sei gepflegt. Aber ihr fehle der Rummel: «Was wir uns wünschen, ist, dass es abends ein bisschen mehr Leben gibt. Wenn kein Fest ansteht, ist es manchmal etwas leer.»
Tatsächlich sind viele Restaurants nur schwach besucht. Ein Phänomen, das auch Buchhändlerin Marianne Sax kennt. Die Geschäfte in der Altstadt hätten es schwer. Frauenfeld leide unter dem Einkaufstourismus nach Deutschland.
Und die direkte Schnellzugverbindung nach Zürich habe auch Nachteile. «Das ist eine grosse Gefahr bei einer Stadt in dieser Grösse und an dieser Lage: Dass die Leute hier nur noch schlafen und das kulturelle Leben und die Einkäufe in der Grossstadt erledigen, in Zürich», sagt Sax.
Von den guten Zugverbindungen profitiert auch SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher, die einzige eidgenössische Parlamentarierin aus Frauenfeld. Sie komme sehr gerne von Bundesbern zurück nach Hause – und sie lobt das gute gesellschaftliche Klima hier: «Man kennt einander noch, das zeichnet Frauenfeld aus. Das Miteinander wird hier wirklich noch gelebt.»
Das sieht auch der FDP-Stadtpräsident Anders Stokholm so. Der zwei Meter grosse Mann empfängt im Rathaus. Der Stadt gehe es gut – wirtschaftlich und politisch. Die Politik sei nicht so polarisiert, die Parteien fänden gemeinsame Lösungen: «Wir sind ländlich und doch eine Stadt – eine ausgewogene Mischung. In ganz vieler Hinsicht sind wir an einem guten Ort.»
Zum Schluss geht es einige Treppen hinunter ins Stadtarchiv. Dort verwaltet Stadtarchivar Stephan Heuscher die Akten und das Gedächtnis der Stadt.
Der Appenzeller hat sich den Blick von aussen bewahrt. Er berichtet von einem Offizier, der gesagt habe, man müsse eine Thurgauer Einheit stets mit Bedacht führen: «Denn sie tun, was man ihnen befiehlt. Sie rennen, bis sie umfallen, das muss man bedenken als Offizier. Es sind gute Eidgenossen.»
Dazu gehört auch eine gewisse Bescheidenheit, die Ordentlichkeit und ein Sinn für den Konsens – Frauenfeld ist eben typisch schweizerisch.